CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

The Mars Volta - Octahedron
(50:54, Mercury Music Group, 2009)

So konnte es ja schließlich nicht weitergehen. Als akustisches Album angekündigt, ist "Octahedron" zwar recht weit davon entfernt, als ein solches durchzugehen. Doch haben sich The Mars Volta, sprich "Helium"-Sänger Cedrix Bixler Zavala und Instrumentenmagier Omar Rodriguez-Lopez gewaltig zurückgenommen, das Tempo und die Abgedrehtheit der letzten Alben komplett außen vor gelassen, dabei dummerweise ebenfalls auf ihren würzenden, recht originellen Latin Touch verzichtet. "Octahedron" ist in erste Linie ein Rockalbum mit richtigen Songs und sogar einigen einprägsamen Melodiestrukturen. Doch so ganz normal stromlinienförmig ist natürlich nicht alles, denn einige Tracks bringen es dann doch auf mehr als 7 Minuten. Trotzdem: nervöse, hektische Rhythmen, wie auch ausufernde Instrumentalpassagen findet man hier nur wenige. Dafür verzichtete man ebenfalls über weite Strecken auf die in der Vergangenheit doch etwas zu überstrapazierten, minutenlangen Soundcollagen. Die 8 Songs auf "Octahedron" sind inhaltlich und stilistisch auf das Wesentliche zusammengedampft. Die eigentlich größte Überraschung dabei: bisweilen funktioniert diese Umorientierung sogar richtig gut, und gerade die ruhigen Passagen mit wirklich echten, akustischen Instrumenten sorgen für eine ganz neue Facette bei The Mars Volta. Auch der ansonsten immer am Rande des Wahnsinns gleitende Leadgesang wurde meist in komplett normale Bahnen gelenkt. Somit sind zwar alle typischen Trademarks verschwunden bzw. sehr reduziert, dennoch hat die Band mittlerweile einen mehr oder weniger ganz eigenen Sound kreiert, der dieses Album trotzdem recht gut als von The Mars Volta zu erkennen gibt. Sicherlich werden einige Fans enttäuscht sein, dass man hauptsächlich "nur" richtig guten modernen Rock geboten bekommt. Dieser geht aber logischerweise noch lange nicht als Radio-kompatibel durch. So war es sicherlich eine gute Entscheidung, einfach mal ein Album zum Durchschnaufen für Fans und Musiker zu veröffentlichen, um nicht als Selbstkarikatur nur noch ein weiteres Album der wilden Exzesse zu bieten. Diese Art von Album dient vor allem als Bestandsaufnahme, um wahrscheinlich mit dem nächsten Werk wieder voll in eine komplett andere Richtung durchzustarten.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2009