CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)
It's The End - It's The End
(79:25, Musea, 2009)
Das Trio verbirgt sich hinter Gesichtsmasken und den Namen Drudge (g, b, prog, comp), Retch (voc, g, b, prog, comp) und Quibble (comp, g, b, dr). It's The End stammen aus Oslo, wer oder was sie sind, bleibt ein Geheimnis. Zu verstecken gibt es eigentlich nichts. Die Qualität der Musik ist sehr hoch, vielfältig und ausdrucksstark die 12 Songs. Als kompositorische Inspiration hat das Trio sich Altmeister Frank Zappa ausgesucht, dem es zudem genau auf die Gitarrensolofinger geschaut hat, ebenso seinem ehemaligen Angestellten Steve Vai, der in den Soli, den freakigen Intermezzi und im Gitarrensound noch deutlich als Inspiration zu erkennen ist - was das Gitarrenspiel betrifft. Darüber hinaus mixt das Trio, was geht. Progressive Rock, Heavy Metal, Jazzrock, Electronic, freie Improvisation - manchmal erheblich komplex, mit heftigen agogischen Zentren, dann avantgardistisch, im Wechsel von elektronischem Jazz und stampfendem Avantrock, der in einem Fall kurz einmal zu fettem Diskorhythmus auswachsen musste. Hier wie überall gilt: Jazz überwiegt. Grandios, die exzellent arrangierten Parts, in denen die Gitarre Zappa-gleich über Jazzdisharmonische Keyboardmotive donnert, von exzellenter Schlagzeugarbeit heftigst untermauert. Das Rhythmusgeschehen: zumeist arbeitet der Drummer sehr komplex, extrem kraftvoll und energisch, zudem ultraschnell. Diverse Parts allerdings sind programmiert, was viel Arbeit gekostet haben dürfte: der programmierte Rhythmus ist vom Feinsten, erheblich komplex, rasend schnell, kaum wirklich am echten Schlagzeug zu spielen. Rhythmusfrakturen, wo nur Rhythmus zu hören ist. Die elektronische Seite bewegt die Musik nicht in fade oder ambiente Gefilde, sondern steht als Kontrast zu den radikalen Ausbrüchen im Jazzmodus bereit, hier und dort auch mal weitflächige Entspannung bietend, ohne aber disharmonische Sticheleien zu vergessen, die dem melodischen Geschehen Frische und Kraft geben. Mal scheint es, als sei die Band in der Spaß- und Spielzeugabteilung des genialen Progressive Rock aktiv, so verquickt sie Filmmusik, Pop, nostalgische Sounds, Symphonic Prog, Metal und Extremkomplexe. Dann rauschen sphärisch epische Strecken durch die rasanten Frickelparts. Langweilig wird's nie. Und typisch Nachwuchs: die haben keine Hemmungen vor irgendwas. Es wird verbunden, was Spaß macht. Dabei zeigt das Trio ausgezeichnetes technisches und handwerkliches Geschick, die Einspielung ist rund und satt, hat Dynamik, ist lebhaft und virtuos, und immer, wenn es schon gut klingt, setzen sich zappaeske Extravaganzen als Höhepunkte noch oben drauf. Weitere Vergleiche: Mr. Bungle, Return To Forever, Supersilent, die Jazzrock-Phase von Gong Mitte der Siebziger - alles nur etwaige Parallelen. Hoffentlich jedoch heißt es nicht: das ist das Ende. Sondern: It's just the beginning! Dicke Empfehlung für neugierige Komplexjazzrocksüchtige - unbedingt reinhören!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009