CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)
Dream Theater - Black clouds and silver linings
(75:22, Roadrunner Records, 2009)
Dass Dream Theater ihr technisches Können niemandem mehr unter Beweis stellen müssen, steht sicherlich außer Frage. Viele Nachahmer wurden von ihnen inspiriert, dennoch blieben die Amerikaner in ihrem Genre bisher unerreicht und dies nicht nur aufgrund des kommerziellen Erfolges und des Glücks, zum richtigen Zeitpunkt auf der Bildfläche erschienen zu sein. Doch eine weitere Stärke des Quintetts aus New Jersey bestand über die Jahre vor allem darin, die instrumentale Virtuosität ebenso gekonnt in vielschichtige und interessante Arrangements zu verpacken und die unterschiedlichen Einflüsse zu verschmelzen. Doch gerade auf ihrem letzten Longplayer "Systematic chaos" schien so etwas wie eine gewisse Ziellosigkeit und kompositorische Leere entstanden zu sein. Viel klang bekannt, aber nicht überzeugend bzw. bemüht auf neue Richtungen getrimmt, aber irgendwie dann doch nicht originell genug. "Black clouds and silver linings" ist wieder mal ein Neuanfang bzw. im Grunde genommen eher Rückbesinnung auf die Finessen des Gestaltens von richtigen, wirklich gut anhörbaren Songs mit griffigen Hooks und wird deswegen bereits von einigen Kritikern und Fans als das beste Album seit ihrem 99er Epos "Scenes from a memory" abgefeiert. In erster Linie klingen Dream Theater dennoch wieder genau so, wie man es von Ihnen gewohnt ist. Ausufernde Songs, mächtige Melodiebögen, das richtige Maß an metallischer Härte und natürlich jede Menge flotte Instrumentalparts. Dennoch hat ihr aktuelles Werk vor allem zwei Pluspunkte: die Songs bleiben wirklich mal wieder in der Erinnerung haften und zudem gelingen über weite Strecken stimmige Atmosphären, die eben nicht nur auf instrumentales Können und die Anordnung von schnellen Noten setzen. Natürlich erfindet sich das Quintett keineswegs neu und weckt "The best of times", die Hommage an Mike Portnoy's verstorbenen Vater, nicht von ungefähr in einigen Passagen Erinnerungen an "Red Barchetta" bzw. "Spirit of radio" von Rush. Aber trotzdem hat dieses Album endlich wieder jene Momente, die man auf den letzten Werken vermisste. Da verzeiht man ihnen auch die überaus schmalzige Ballade "Wither", den verzichtbaren Gesang von Herrn Portnoy, denn endlich haben Härte und Ruhe, Technik und Gefühl wieder eine stimmige Balance gefunden. Es geht doch noch!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2009