CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

Crippled Black Phoenix - 200 tons of bad luck
(77:09, Invada Records, 2009)

Die Kritikerschar ist gespalten bzw. tut sich nicht unbedingt leicht mit diesem Album. Während im Eclipsed "200 tons of bad luck" nicht zu Unrecht zum Album des Monats gekürt wurde, liest man anderorts Kommentare zwischen "Gewaltiges Kopfkino zwischen Schwermut und leichtem Größenwahn", "Selbstbewusstsein, Haltung, Standfestigkeit - "200 tons of bad luck" würde davon leben, wenn es nicht längst tot wäre" bis hin zu "Viel Spaß... mit der postapokalyptischen Ewigkeit." Recht haben sie irgendwie alle, denn dieses Album nimmt sich und benötigt Zeit, bietet als Gegenwert aber eine ganz eigenartige Stimmung und beeindruckende Songmonolithen. Allein schon der Opener "Burnt Reynolds" braucht erst mal einige Minuten, bis sphärische Klänge in sich langsam steigernde Gitarrenriffs münden. Es werden Spannungen aufgebaut, die nicht nur einmal Erinnerungen an Pink Floyd meets Alternative Rock wecken. Als dritten Track ein 18-minütiges Monster namens "Time of ye life - Born for nothing - Paranoid arm of narcoleptic empire" folgen zu lassen, was nach einer langen Sprechpassage erst nach rund 5 Minuten das Tempo aufnimmt, zeugt ebenfalls von einem gewissen Selbstbewusstsein bzw. selbstherrlichem Größenwahn. Doch da es der Band immer wieder gelingt, mit analogen Keyboardteppichen, sachter Cello Begleitung und inneren, mächtigen Dynamiksteigerungen die Musik durchaus spannend zu gestalten, verzeiht man solche Längen geflissentlich. "200 tons of bad luck" ist eine weit ausladende, musikalische Reise, die besonders von ihren düsteren, melancholischen Stimmungstiefen und den behutsamen, dafür umso gewaltigeren Tempowechseln lebt, auch wenn der Scheibe gegen Ende etwas die Luft ausgeht. Trotz seiner monolithartigen Dimension bleibt ebenfalls Raum für Momente der Zerbrechlichkeit, verlieren sich Crippled Black Phoenix nicht nur einmal im verspielten Sog der progressiven 70er. Eine überaus gekonnte Verbindung zwischen gestern und heute bzw. ein einfach großartige Klangerlebnis.

Kristian Selm



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