CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)
Zeroesque - Zeroesque
(43:36, Privatpressung, 2003)
Zeroesque - Multipick technique
(56:02, Privatpressung, 2008)
Auf das unbetitelte Debüt dieser US-amerikanischen Virtuosentruppe treffen mehrere Dinge unverändert wie auf das "aktuelle", in den Staaten bereits 2008 veröffentlichte "Multipick" zu: Die Band besteht aus dem Kreativkern Shawn Christie (guit; bss) und Tim Lehner (key), es kommt kein Sänger in die Tüte, es wird ordentlich Gas gegeben und es gibt Schützenhilfe von berühmter Stelle. Fans von Planet X oder Liquid Tension Experiment dürften hier noch am unmittelbarsten angesprochen werden und durchhalten, denn speziell Mr. Lehner hat jede Menge der bombastisch quietschenden und jauligen Keyboardsounds und -licks am Start, welche die Passagen zwischen den Gitarrensoli von so manchem Sherinian-Album gelegentlich zur Geduldsprobe machen können. Auf der anderen Seite gibt es auch schöne, nachgerade lyrische Piano-Passagen ("I say"). Überdies atmet die Scheibe vom ersten Takt an hohe Musikalität und absolute Hingabe. Und sie lässt mehr oder weniger lässig an jeder Ecke wenig begrenzt erscheinende Technik durchscheinen. Beispielsweise die Gitarrenarbeit des vielteiligen, mal rasenden, mal swingenden und daher passend betitelten "Feels like falling" ist .. schwindelerregend. wohingegen die (Atmo)Sphären von "All's well that ends swell" nur von Christies gefühlvollem 'Violining' leben. Mit Rhodes-Klängen schwingt sich der "Tequila Mockingbird" in Fusionlüfte. Auch "Maxilla Gorilla" ist purer Jazz - Christies Legatospiel wirkt hier an Holdsworth geschult. Drei verschiedene Drummer aus Fleisch und Blut sorgen für den notwendigen Drive. Berühmte Gäste wie Vinnie Moore (guit, solo, heute: UFO) oder Scott McGill (guit; u. a.: McGill / Manring / Stevens, Randy Coven, Guy LeBlanc, Finneus Gauge) machen sich brillant auf dem Cover, gebraucht hätte diese, anspruchsvolle, ihre Hörer fordernden Scheibe sie nicht. Moore, der Lehner in die Tourband seines Soloschaffens berufen hat, lässt sich auch auf "Multipick technique" nicht lumpen und steuert Gastsoli bei, genau wie Marco Sfogli (guit; u. a. James LaBrie) oder Derryl Gabel (guit; u.a.: George Lynch, Scott Hughes, Harry Kapeliaris). Sie tun dies in einem Fusion-Gelände, auf dem inzwischen auch Flamenco spriesst (das teils akustische "La danza del fuego"). Doch während beim Erstling der ganz 128stel-Overkill noch irgendwie nachvollziehbarer waren, scheinen auf "Multipick" die Ausbrüche von Gitarre(n) und Keyboards sowohl kompositorisch wie auch im Sound (Mix) wenig miteinander zu tun zu haben. Das ist schade, gerade weil Zeroesque inzwischen weitere feste Bandmitglieder gefunden hat. Strunzsubjektiv: Wenn man Lehners Keyboard den Pitchbender und ein paar der Sherinian-Samples ausbauen würde, könnte die Band noch weit mehr abgehen.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2009