CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

The Wishing Tree - Ostara
(43:13, Ear Music, 2009)

Fast 13 Jahre ließen sich Marillion Gitarrist Steve Rothery und seine singende Muse Hannah Stobart Zeit, um einen Nachfolger für ihr gemeinsames Projekt The Wishing Tree abzuliefern. Mit von der Partie ist beim aktuellen Oeuvre weiterhin der ex-Enchant Schlagzeuger Paul Craddick, der jedoch eher unauffällig und etwas unterbeschäftigt im Hintergrund sein Instrument bedient. Geblieben ist die leicht folkige, immer sehr verträumt wirkende Grundstimmung. Doch statt akustischer Instrumente haben auf den 8 Tracks von "Ostara" vermehrt die elektrischen Verwandten das Sagen. Dennoch nimmt sich Steve Rothery weitgehend gegenüber dem melancholischen, dennoch recht einnehmenden Timbre seiner Begleiterin zurück. Es sind vielmehr die schlichten Melodien und schwebenden Stimmungen, denn die Instrumentalparts oder ausladender Art Rock, die die schlichten Songs bestimmen. Zwar ist nicht jede Idee packend bzw. sofort einnehmend gelungen, trotzdem funktioniert dieses Album nach seiner ganz eigenen Logik. Entfernte sich das Debüt "Carnival of souls" noch weit mehr vom damaligen Marillion Sound, so findet man auf "Ostara" mittlerweile mehr Parallelen zur aktuellen musikalischen Sichtweise von Rotherys Stammband. Dennoch kann man The Wishing Tree einen ganz eigenständigen Ansatz attestieren, da dieses Projekt in erster Linie auf die wunderbare Stimme von Hannah Stobart zugeschnitten ist, die die meist zurückgenommenen Arrangements eindeutig dominiert. So wird auch dieses Album von einer verträumten, sehr zurückhaltenden Atmosphäre getragen, das mehr zum Zuhören und Träumen einlädt, als dass man von den Songs beim Nebenbei im Hintergrund mitgerissen wird. Und dies bleibt auch der Kritikpunkt, denn "Ostara" nimmt sich mitunter etwas zu viel zurück, so dass etwas der finale Kick abhanden kommt. Zudem scheint dieses Album eindeutig zur falschen Jahreszeit veröffentlicht worden zu sein, da es doch mehr zu den tristen Tagen des Kalenders passt, doch egal: der nächste Herbst kommt bestimmt.

Kristian Selm



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