CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

Ray Wilson - Propaganda man
(44:37, Sandport Ltd. / Soulfood, 2009)

Das vorab: Mit Prog hat dieses Release noch weniger zu tun, als das einsame Album, das der sympathische Schotte mal mit Genesis eingespielen durfte ("Calling all stations"). "Propaganda man" ist von Wilsons warmer Schlafzimmerstimme dominierter SingerSongwriter-Pop. Die unverschämt gute Produktion täuscht eine ganze Weile über die relative Hohlheit hinweg, die diese Propaganda im Gegensatz zu manch starkem früherem Wilson-Album im Kern aufweist. Beispielsweise auf dem eröffnenden "Bless me" setzt der orientalisch jodelnde Gesang von Tesiree Priti Kaitesi anfänglich interessante Akzente - doch eine Amanda Lyon ist die Dame ebensowenig wie eine Lisa Gerrard. Beispielsweise auf "Things don't Stopp" legt Ali Ferguson Lunte an ein zum Ende wirklich loderndes E-Gitarren-Solo, welches aber das ansonsten verpennt vor sich hin klagende Stück auch nicht vor dem Verdikt edel aufgenommener "Leonard-Cohen für Arme" retten kann. Vergessen wir das süß säuselnde "Lately" und kommen gleich zum (relativ flachen) Höhepunkt der Scheibe, "The brakes are gone", das immerhin mit Akkordeon, flirrenden Ovation-Sounds und vor allem endlich einmal einer im Gedächtnis haftenden Melodie überzeugt. Das einzige Stück, das noch haften bleibt, ist das vornehm melancholische, akustische "On the other side" - aber mit dem läuft das Album auch schon aus. Schade um das Herzbruchpotenzial von Alben wie "Live and acoustic". Aber vermutlich ist live bei Mr. Wilson die Welt auch heute noch in Ordnung.

Klaus Reckert



© Progressive Newsletter 2009