CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

Riverisde - Anno Domini High Definition
(44:44, InsideOut, 2009)

Ein interessantes Konzeptalbum haben die Polen Riverside veröffentlicht, welches sich mit den Merkmalen der modernen Informations- und Spaßgesellschaft befasst. Mariusz Duda, seines Zeichens Sänger, Bassist, Gitarrist und Texter der Gruppe, erklärt dazu im Plattenfirmen-Info: "Das Album erzählt von Menschen, die, noch bevor sie gelernt haben, wie man einen bestimmten Apparat bedient, ärgerlich behaupten, dass er schon nicht mehr aktuell ist. Und noch schlimmer: Dass er gar nicht mehr funktioniert und man ab jetzt einen besseren Apparat verwenden muss. Für mich sind dies eher die Gedanken all jener Menschen, die jeden Morgen mit der Angst aufwachen, dass an diesem Tag ihr 'Haltbarkeitsdatum' abläuft." Ein großes Thema also, das die Band thematisch durchaus kritisch angeht (z.B. "Driven to Destruction" oder "Egoist Hedonist"). Und musikalisch? Das letzte Album der Band, das mir zu Gehör kam, war "Second Life Syndrome" von 2005, das mich aber nicht gerade umgehauen hatte. Nun aber mit "ADHD" eine positive Überraschung. Natürlich haben Riverside das Rad nicht neu erfunden, und das merkt man vor allem an den ersten zwei Songs, die solide klingen und nichts anbrennen lassen, aber eben ein wenig zu solide, zu sehr auf Nummer sicher gespielt, mit all den Progressive Metal-Zutaten, die halt so typisch fürs Genre sind und niemanden enttäuschen werden, aber auch nicht wirklich aufhorchen lassen. Das betrifft die Gesangsmelodien, die Riffs oder die Arrangements. Doch die Band steigert sich tatsächlich merklich ab dem dritten Song - und ab dem dritten Song beginnen auch die Longtracks zwischen 8 und 11 Minuten - hier lassen sich Riverside ein wenig mehr "gehen" und werden experimentierfreudiger und lassen vielfältigere musikalische Ideen einfließen und richtig gute Vocal Lines. Der Höhepunkt und zugleich Schlusssong ist dann " Hybrid times" (welch ein Titel...). Zeitlose Songs, die man sich auch in Jahren noch anhören kann. Diese Songs ab der Mitte des Albums machen die CD zu einer echten Empfehlung - da mag der Anfang vielleicht traditioneller sein, aber noch lange nicht durchschnittlich, sondern ebenfalls gut anzuhören. Deshalb auch die entsprechende Bewertung!

Markus Schurr



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