CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)
Rialzu - U Riguru
(49:20, Soleil Zeuhl, 2008)
Die korsische Band Rialzu veröffentlichte 1978 ihr einziges Album "U Rigiru". Anfang der 1970er gegründet und zuerst von Pink Floyd, Santana und Chicago inspiriert, orientierten Christophe Mac Daniel (org, p, synth, voc), Dominique Gallet (vi, voc), Gilles Renne (g), François Mac Daniel (b, Chor), Olivier Renne (dr, perc), Jean-Philippe Gallet (Chor) und Françoise Augé (Chor) sich später an komplexer arbeitenden Bands wie Genesis, Yes und King Crimson, vor allem jedoch an Magma, die zur großen Inspiration wurden. Rialzu ist korsisch und bedeutet Revival (Wiederbelebung, Wiederaufnahme, Renaissance, Erweckung), die Band musste einige Umbesetzungen hinnehmen und gewann in etlichen Konzerten über die Jahre technische Fähigkeiten, die ihnen ermöglichte, die komplexe Musik ihres Albums im Mai 1978 einzuspielen. Weil jedoch die beiden langen Kompositionen "U Rigiru" (15:59) und "I lagamanti" (11:03) nicht ausreichten, musste die personell große Band, die mit den Studiobedingungen zu kämpfen hatte, ein weiteres Stück aufnehmen, den grandiosen Jazzrocker "A mubba" (3:17). Auf der CD sind zwei Bonustracks enthalten, live in den Jahren 1976 und 1977, also vor Einspielung der LP-Songs, aufgezeichnet. Die stilistisch und kompositorisch sehr ähnlichen Songs "U sterpamondu" (13:42) und "A man di Diu" (5:05) sowie ein nur 1:42 Minuten langer Live-Videotrack ergänzen die drei LP-Songs als Bonus, wobei das Video von sehr schlechter Qualität ist und nur aus historischen Gründen interessant erscheint. Die LP ist ultrarar und, wenn überhaupt, nur für sehr viel Geld zu bekommen. Nicht zuletzt deswegen legt das feine französische Label Soleil Zeuhl die Platte endlich auf CD auf. Das seitenlange "U Rigiru" beginnt mit einem Motiv aus Magmas "Köhntarkosz". Italienischer Progressive Rock (Italo Prog), Zeuhl, Jazz Rock und korsische Folklore verweben sich zu intensiver, spannender grandioser Musik. Der klagende Gesang des die beiden langen LP-Songs komponierenden Christophe Mac Daniel erinnert in seinem leidvollen Klang etwas an die Schauergesänge des Roman Polanski Films "Tanz der Vampire" - ohne die dortige Komik. Im Stil italienischer Opernsänger beschwört Mac Daniel in nicht im Booklet abgedruckten Lyrics düstere Erzählungen, vom Chor lautmalerisch unterstützt. Die schaurige Stimmung in der strengen Unterstützung der dunklen, komplexen Musik ist exzellent und wird vor allem Magma-Fans gefallen, obschon die Art des Gesanges nicht mit dem Magmas vergleichbar ist. Der kurze Jazz Rock "A mubba" wird leider ausgeblendet, könnte seine lebhafte Struktur und das abstrakte Gitarrensolo durchaus viel länger erhalten, leider, wahrhaft leider wird die Aufnahme, zudem ziemlich schnell (und an unpassender Stelle) ausgeblendet. Beim ersten Bonus "U sterpamondu" handelt es sich um eine frühe Version des Titeltracks, der instrumental etwas anders gelagert ist. Der Sound der Aufnahme ist OK, gewiss nicht meisterlich, aber hat, wenn es so etwas gibt, bestes Bootleg-Niveau, ist in jedem Moment, jeder leisen und lauten Facette gut nachzuvollziehen. Besonders gelungen sind neben den Gitarrensoli in den Songs der Band die Jazzdisharmonien der Keyboards und des Synthesizers sowie die ausgezeichnete, leider etwas wenig ins Bild rückende Arbeit der Violine sowie der dramatisch kraftvolle und unglaublich wirkungsvolle Chorgesang. Wurde höchste Zeit, diese illustre historische Perle auf CD wiederaufzulegen. Nicht nur Magma- und Jazzrock-Fans sei die CD unbedingt empfohlen. Wer auf Italo Prog steht, sollte sich auf jeden Fall um die Scheibe bemühen. Die Songs sind bis auf einige kleinere Mankos exzellent. Gitarrist Gilles Renne hat im August 2007 den historischen Ablauf der Bandgeschichte geschrieben, der zusammen mit diversen Fotos im Booklet in englischer und französischer Sprache nachzulesen ist. Tipp? Empfehlung? Kaufrausch!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009