CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

Octafish - Doktor Fleisch
(57:40, Starpatrol Entertainment, 2009)

10 fette Jahre nach "Hai Girls", 14 nach "Land unter" bescheren uns die süddeutschen Jazzrocker und einstigen Zappa-Cover-Artisten Octafish ENDLICH ihren neuen Streich. Die Besetzung der Barbie Boy Band hat sich nach der langen Zeit nur in einer Position geändert, "neuer" Saxophonist ist Oliver Wendt. Die Zappa-Wurzeln sind immer noch zu hören, vor allem im genüsslichen "thætz", in Soli und Arrangements. Doch längst sind Octafish keine Devoties mehr, sondern selbstbestimmte und selbstbewusste Band, die keinen langjährigen Schlaf gehalten, sondern stets überaus willkommene Konzerte gegeben hat. Die Jungs gehen nicht mehr auf die Uni, Kinder laufen zwischen ihren Beinen rum, Häuser wachsen um sie herum, Damen achten auf ihre Ernährung, Rechnungen wollen bezahlt werden - da musste "Doktor Fleisch" auf langer Strecke garen. Umso besser ist es geraten. Groove wird trotz enorm komplexer Rhythmen groß geschrieben. Vocoder Voices überall, Synthesizist und einer der beiden Komponisten Frank Messmer hatte seinen Spaß daran, dem progressiven Jazzrock eigener, abstrakter Schule bissige Popattitüden unterzublasen, ohne den rasanten Sound in den Mainstream zu kicken. 10 Jahre!?! Tatsächlich? Zwar ist auf "Doktor Fleisch" keine Zappa-Komposition enthalten, aber - hat der Sound der Band sich geändert? Weder klingen die 10, für Octafish mit zwischen 4 und 8, überwiegend um 5 Minuten erstaunlich langen instrumentalen Tracks, als hätten alte Studiosi sie eingespielt oder als sei die Band mit den Jahren bierernst, bieder oder kühl geworden - oder hätte sich, Angst!, der progressive Grundgedanke für allgemeinere Anerkennung verflüchtigt. Einige Tracks der Platte wurden in den letzten Jahren schon live gespielt, "Bomster" etwa, "Bier Bop" oder "Barbie Girl", und doch haben diese neuen Versionen einen eigenen Kick, improvisative und solistische Läufe, die das Album auch für Diejenigen interessant machen, die das Zappanale Bootleg besitzen, von dem ich gehört habe. Es gibt jede Menge zu entdecken. Und wer schon immer diesen besch... Beginn von "Barbie Girl" gehasst hat, darf sich auf eine Neuauflage mit eben diesem, hier kurz gehaltenem Intro freuen. "Doktor Fleisch" ist komplex und cool, nicht aufgesetzt oder Universitäts-weise, weder hochnäsig noch pappig. Rasante, virtuose, dynamische, lebhafte Musik, ach was sag ich, hört und seht doch selbst!

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2009