CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)

Half Past Four - Rabbit in the vestibule
(63:25, Privatpressumg, 2008)

Im Großraum des kanadischen Toronto formierte sich im Jahr 2005 die Besetzung der auf der vorliegenden Debütscheibe musizierenden Half Past Four. Da ist man schon erstaunt, wenn man die überwiegend russisch klingenden Namen liest. Auf Grund der musikalischen Einflüsse der Musiker durch Bands wie King Crimson, Frank Zappa, Gentle Giant oder Return To Forever ist hier naturgemäß nicht von leichter musikalischer Kost auszugehen. Diese Vermutung wird auch zügig bestätigt, da schon am Anfang des ersten Tracks die rockorientierten Klänge mit polyrhythmischen Lauten ertönen. Zusätzlich werden atonale Gesangsarrangements dargeboten, für die Leadsängerin Kyree Vibrant in Ergänzung mit ihren männlichen Kollegen verantwortlich ist. Leadsängerin Vibrant weiß ihre Stimme im Laufe der 63-minütigen Hörreise schon abwechslungsreich einzusetzen, wobei mich ihr Gesang aber immer bei den schrägen Lauten und einem auch manchmal aufdringlichen Timbre anstrengt. Bei aller Liebe der Band zur experimentellen Kompositionsgüte und zu unrhythmischen Tonreigen wissen sie aber auch, sinfonische Soundelemente sowie entspannte Jazzfragmente zu vermischen. So ertönt das Zusammenspiel zwischen Gitarre, Keyboards und dem weiblichen Gesang auch schon mal in der Art, dass ich an die Musik von Magenta erinnert werde. Wiederum ein Stück wie "Southern Boogie" mit entspannt-groovigen Rhythmen, rauchiger Stimme und coolem Saxophon zeigt dann eine ganz andere Facette der Kanadier in Richtung Jazz. In "Underwater" bieten sie dazu einen Mix, der zwischen Jazz, Pop, Rock, Neo Prog und avantgardistischen Klangwellen ihr gesamtes Musikspektrum beinhaltet. Mit "Lullaby" liefern sie ein klassisches progressivrockendes Instrumental, das Freunden in Richtung Spock's Beard / Arena gefallen könnte, um anschließend bei "Strangest Dream" in überwiegend gefühlvoll-sphärischen Klängen zu wandeln, die an eine Mischung aus Kate Bush mit Landmarq erinnern. Zu Beginn von "Biel" hört man sogar Chorgesänge im Gothic-Style, während anschließend, wie auch auf "Dwayne", Gesänge im Stil eines (schrägen) Musicals ertönen. Insgesamt unterliegt "Rabbit in the Vestibule" so vielen musikalischen Ausrichtungen, dass bei mir der Funke nicht überspringen mag. Und die polyrhythmischen Tonreigen machen es für mich auch nicht einfacher. Aber die Crossover-Proggies mit Hang zu avantgardistischer Kompositionsgüte dürften an der Scheibe wohl Spaß haben.

Wolfram Ehrhardt



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