CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)

From Monument To Masses - On little known frequencies
(51:58, Gold Antenna, 2009)

Würde es King Crimson nie gegeben haben, wie würde die Rockmusik, wie der Nachwuchs sich inspiriert und entwickelt haben? Wie viel Kreativität wäre nie zustande gekommen? Müßig die Frage. Aber an Hand der Unmengen an, stilistisch sehr nah wie weit entfernt voneinander arbeitenden Musikern und Bands nicht ohne Berechtigung, redo? Francis Choung, Sergio Robledo-Maderazo und Matthew Solberg (erinnert mich, doch, an The Mars Volta, die Namensliste) legen der CD ein dickes Booklet bei, das neben graphisch zu dick eingepackten Bildern einen Aufsatz enthält, der Frequenzen erläutert, das Was und Wie des Hörens. Acht melancholische Songs auf der CD, zwischen drei und 9 Minuten lang, mit Tendenz zur Länge. Es gibt keine gesungenen Texte, aber Samples politischer Reden. Die Band ist laut Presseblatt politisch sehr interessiert und engagiert. Die zentrale Philosophie der Band ist die Überzeugung, dass die Macht von den Repräsentationsfiguren (Monuments) auf die Massen (Masses) übertragen werden muss. Die Musik soll ihre Hörer dazu inspirieren, sozial aktiv zu werden, sich zu engagieren, und mit lokalen, überregionalen und internationalen Ungerechtigkeiten auseinanderzusetzen. Der Ansatz klingt positiv. Die Frage ist nur, ob ihr Hörer dieser Musik wirklich davon angesteckt werdet, zumal, wenn ihr die englische Sprache der politischen Samples nicht als Muttersprache versteht oder auf die eher leise eingemixten Worte überhaupt achtet. Die instrumentale Musik ist komplex und anspruchsvoll, hat Bombast und Stille, feine Zeichnungen und dröhnenden Rock. Was die Band spielt, klingt sehr modern, trotz des historischen Einflusses. Metal, Jazz und Neue Musik haben ebenso wie das alte große Progressive Crimson Vorbild ihre Spuren in die Genetik der Songs eingetragen. Partielle Sologitarrenpassagen, in die hier ein Cello einsteigt, dort ein Vibraphon, entwickeln eine Innerlichkeit, wie sie so intensiv nicht alltäglich ist. Daraus zieht die Band spielerisch und phantasievoll kraftvolle Rockdynamik, bis das melancholische Thema sich ausgespült hat und wie leiser Wind verebbt. Bass und Schlagzeug arbeiten komplex, im Mix aus alter progressiver Schule und modernen, partiell elektronischen Break Beat und Pop Arrangements, die Kompositionen jedoch nicht. Die klingen neu, zeitgeistig arrangiert, haben alternative Ideen, etwa wie die der zuletzt von Anekdoten gehörten. From Monument To Massen transportieren Post-Rock und eine Spur punkiger Attitüde in ihren komplexen, aufwendigen, epischen Songs. Sehr unkonventionell, und trotz des komplexen Songaufbaus in erstaunlicher Eingängigkeit. Das Album wird auf CD (52 Minuten) und 2LP veröffentlicht, auf der LP-Version ist ein Bonustrack enthalten, nicht allein damit das Vinyl voll wird. Zur 2LP-Auflage gibt es einen Download-Coupon, jeder LP-Käufer kann sich das Album damit einmal digital sichern. Interessantes Werk, crimsonesker Post-Rock mit Prog im Blut, dessen tiefe, dunkle Melancholie grandios und tiefsinnig ist. Blöd klingt anders.

Volkmar Mantei



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