CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)
Cheer-Accident - Fear draws misfortune
(41:48, Cuneiform Records, 2009)
Seit mehr als 20 Jahren beackern Cheer-Accident auf verschiedenste Weisen die mysteriösen Untiefen der avantgardistischen Rockmusik, haben es dabei zudem nie versäumt, sich ständig neu zu definieren. Mit "Fear draws misfortune" sind die Jungs aus "Sweet home Chicago" ohne jeglichen Blues bei Cuneiform gelandet, während z.B. ihr 88er Debüt "Sever roots, tree dies" vom umtriebigen Charly Heidenreich vor rund 2 Jahren zum ersten Mal auf CD erschien. Das aktuelle, bereits 16. Werk des amerikanischen Trios ist wiederum weit davon entfernt, als leichte Kost durchzugehen. Dennoch kann man dem Album eine gewisse kammermusikalische Prog-Attitüde attestieren, auch wenn hier in erster Linie einiges an Komplexität und Schrägheit aufgetischt wird, was man aber geschickt dosiert und keineswegs zu offensichtlich auf den Hörer loslässt. Trotzdem wird man dieser Band stilistisch nur schwerlich gerecht, denn während der sich langsam auftürmende Opener "Sun dies" kraftvollen, treibenden Avantgarde Rock mit Gebläse und knarzendem Zeuhl Bass bietet, betören andere Augenblicke mit geradezu anheimelnder Zugänglichkeit. Die etwas düstere, morbid-lockere Grundstimmung verliert man aber niemals aus den Augen. Zusammen mit 15 Gastmusikern (u.a. Carla Kihlstedt von Sleepytime Gorilla Museum) an jeder Menge Blas- und Streichinstrumenten gelingt Cheer-Accident ein überaus vielschichtiges Album, das eben nicht nur von den verschiedensten Stilstiken lebt. Neben den oben angesprochenen Anleihen fehlt es ebenso nicht an zappaesker Versponnenheit, harten Riffs, Jazz Rock und crimsonesk verdreckten Alternative Rock, sind es ebenso die unterschiedlichen Klangfarben, die immer wieder neue Eindrücke heraufbeschwören. Weiterhin ist es vor allem der erdige Groove, der diese Scheibe zusammenhält und sie damit trotz dieses eigenwilligen Stilmixes geradezu erstaunlich zugänglich ist. Das erste durchgeknallte Highlight des Jahres - Verstörend gut!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2009