CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)

Cast - Originallis
(49:06 + 44:20, Privatpressung, 2008)

30 Jahre Cast. Ein guter Grund, dass die Mexikaner ihrer gnadenlosen Devise treu bleiben, jedes Jahr mindestens ein neues Album zu veröffentlichen. Die Kreativität (und auch die finanzielle Kraft) von Bandleader Alfonso Vidales und seinen Mannen scheint fast ungebrochen, denn mit "Originallis" hat man wiederum ein ausschweifendes Album auf überaus ansprechendem Niveau abgeliefert und für 2009 mit "CastArte" vorab bereits die nächste Veröffentlichung angekündigt. Gerade die vor einigen Jahren vollzogene musikalische Kehrtwendung weg vom sinfonischen Neo Prog hin zum bombastischen, verspielten Retro Prog mit deutlich mehr 70s Referenzen in Sounds und Inhalt, haben Cast überaus gut getan. Auch die ausnahmslose Hinwendung zum wesentlich authentischer klingenden spanisch-sprachigen Gesang, die der aktuelle Frontmann Alejandro Tornero bestens interpretiert und intoniert, sorgte für einen weiteren Schub noch vorne. Mit der Hinzunahme von Saxophon und Klarinette vor einigen Alben hat man weiterhin die instrumentalen Gestaltungsmöglichkeiten neu justiert. Für "Originallis" gilt vieles, was man bereits für die Vorgängeralben anführen konnte. Wechselhafte Dramatik, wuchtige Spannungsbögen, sowie inhaltliche Ausgestaltung wirken wie aus einem Guss, die mitunter spielerische Überladenheit der 90er Jahre ist einer kompakteren Sichtweise gewichen. Trotzdem hat man bei Cast nie den Blick für emotionale Momente und ausufernden, aber nie sinnentleerten Bombast verloren. Wenn man sich mit der Diskografie der Mexikaner ausführlich auseinander gesetzt hat, so ist das Doppelalbum "Originallis" kein Neuanfang oder überrascht keinesfalls in seiner Ausrichtung, gewohnt gute bis begeisternde Qualität bietet es aber allemal. Auch wenn "Originallis" wiederum inhaltlich überzeugen kann, so müssen Cast mit dem Vorwurf leben, durch ihren umfangreichen Output langsam ein Opfer ihrer eigenen Veröffentlichungspolitik zu werden. So kommt man als Fan kaum wirklich hinterher, sich zeitnah alle Alben der Band zuzulegen. Andererseits ist es auch irgendwie beruhigend, dass die Mexikaner immer noch Lust und Laune an ihrer Musik verspüren und man somit beim Kauf einer oder mehrerer ihrer CDs der letzten Jahre keinesfalls falsch liegt.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2009