CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)

Yacobs - Estella
(43:52, Gecko Records, 2007)

Auf den Namen Yacobs bin ich über die Musea-Veröffentlichung des Debütalbums der deutschen Progband Argos gestoßen. Gefällt einem ein Album gut, so wird ja meist das Interesse für weitere Werke aus dem entsprechenden Umfeld geweckt. Und da mir Argos nicht nur gut, sondern sehr gut gefällt, kam dann auch der Kontakt zu Schlagzeuger Ulf Jacobs zu Stande. Er trommelt nicht nur bei Argos und diversen anderen Projekten, er hat auch bereits drei Soloalben herausgebracht. Den Anfang machte das 2001 produzierte "Still love you". Neben Schlagzeug und Perkussion spielt er auch akustische Gitarre, bedient sämtliche Tasteninstrumente und er singt. Begleitet wird er von Gitarrist Enrico Florczak (siehe auch Kritik zu seinem Soloalbum in diesem Heft) und Bassist Michael Lahmann. Es werden neun Pop-Nummern geboten, bei denen der Gesang nicht gerade zum Highlight zählt, aber durchaus schon erste gute Ansätze zu hören sind. Drei Jahre später folgte "Lifespan", das Yacobs diesmal mit Florczak und Basser Horst Modler einspielte. Schon das Cover als Art Cover-Version von "Face value" zeigt, dass Yacobs Phil Collins-Fan zu sein scheint. Und dies zeigt sich auch in einigen schönen Songs, die deutliche Parallelen zu frühen Collins-Solowerken zeigen. Schon der Eröffnungstitel, gleichzeitig auch der Titelsong, überzeugt mit feinem Keyboardintro. Auch wenn es weiterhin meist Pop-artig zugeht, so werden die Progelemente hier schon etwas akzentuierter eingestreut. Ausgerechnet das seinen Kindern gewidmete, vom Songtitel her eher Prog-unverdächtige "Childrenbook with pop up figures" ist das echte Prog-Highlight dieses Albums. Fetter Keyboardsound, tolle Gitarrenarbeit und natürlich klasse Schlagzeug-Bearbeitung: tolle Nummer. Sollte sich Ulf eines Tages entscheiden, mal ein reines Prog-Album aufzunehmen, muss diese leider etwas kurze Nummer in einer Extended Version dabei sein! Einen entscheidenden Schnitt vollzog Yacobs dann bei seinem dritten Opus "Estella", an dem diesmal nicht nur 3 Musiker beteiligt waren, sondern viele Gäste wesentlichen Anteil hatten. Die offensichtlichste Veränderung: diesmal wirken verschiedene Gastsängerinnen bzw. -sänger mit. Die Grundtendenz Pop mit Prog-Ansätzen ist geblieben, aber bedingt durch die vielen GastmusikerInnen ist ein recht abwechslungsreiches Gesamtwerk entstanden. Nach schönem Piano-Intro ("Estella's dream") folgt mit "Stardust" eine feine Pop-Nummer mit Collins-Touch, in der zum ersten Mal Sängerin Jess Feist auftritt, deren Stimme mir allerdings nicht so sehr zusagt. Wesentlich besser rüber kommt da Maraike Schuparis, die in einem der besten Songs von "Estella", nämlich "Telephones", ihre schöne Stimme einsetzt. Die hier neben dem "echten" Schlagzeug eingesetzte Roland drum machine erinnert übrigens recht unverhohlen an Mister Collins. Das Pendant zum oben erwähnten "Childhood"-Song ist auf diesem Album die Instrumentalnummer "Mellomania". Wie der Titel es schon verspricht, spielt hier das Mellotron eine wichtige Rolle, aber auch die hervorragende Gitarrenarbeit von Florzcak und das kraftvolle Schlagzeugspiel lassen "Mellomania" zu einem herausragenden Track werden. Aber auch Non-Prog Nummern wie das extrem lässige "More than beautiful", das unverkennbar Ohrwurmqualität besitzt, oder "Nothing but you", in dem auch mal Bläser zum Einsatz kommen, wissen zu überzeugen. Eine sehr feine Tasten-Instrumentalnummer bildet den leicht melancholischen Abschluss eines gelungenen (Art)Pop-Albums mit leichten Prog-Tendenzen. Mit der Musik von Argos hat dies zwar nicht gerade viel gemein, aber trotzdem weiß Yacobs mit seiner Art Musik auch solistisch zu gefallen - man sollte halt nur kein Progalbum erwarten. Bei Interesse einfach mal bei www.yacobs.com vorbeischauen oder bei www.myspace.com/ulfjacobs reinhören.

Jürgen Meurer



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