CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)

Squartet - Uwaga!
(34:15, Jazzcore, 2009)

Der ältestes und originärste Einfluss der Italiener Fabiano Marcucci (b), Marco Di Gasbarro (dr), Manlio Maresca (g) und Francesco Fazzi (sound man) samt Gästen Carlo Conti (sax) und Antonio Zitarelli (perc) in einem Track ist wohl die Frühsiebziger (71-74) Version von King Crimson. Die 11 Tracks ihres "Uwaga!" Albums haben diese ungezügelte Wildheit, atonale Freakigkeit und jazzdurchspülte Aggressivität, den dissonanten wie den düsteren Ton, und die punkige Radikalität, die diesem ureigenen Sound inne wohnt. Gerade einmal 34 Minuten machen sie auf ihrem zweiten Album "Uwaga!" nach "Squartet" (2005) voll. Und doch erlösen sie von der Sehnsucht nach freakig freien Sounds. Mal mischen sie mit harschem Ton laut und rasant die Minuten auf, dann schippern sie lässig durch Felsengewässer, Bass und Gitarre wie Kreissägen, komplexe Einschübe, rhythmische Ausbrüche, karnevaleske Humorattacken, die in düstere Abgründe münden. Der Sound ist trocken und roh. Was die Saiten klingen, ist Aggressivität. In aller Freakigkeit steckt viel Kunstsinn und Leidenschaft, was sich im abstrakten, dicken Booklet widerspiegelt. Ein Song heißt "Sexy Camorra", ein anderer "Radau", das bringt Freunde für immer. Die Zersägung der Motive von "Il piccolo samaritano" und "Undici apostoli" wird ihnen auch freundliche Zuhörer im Vatikan bescheren. Auch die Jazzabteilung kriegt ihren Senf ab. Jedoch hat "The sad story of bluebird" so gar keinen Jazztouch. Die Schnoddrigkeit einiger cooler Ideen erweist sich bei genauem Hinhören als technische Extravaganz. Mit überschießendem Humor. Wovon jede Sekunde hat. Der überletzte Tropfen Begeisterung allerdings will trotz zappaesker Experimente, Post Bop Avantgarde, Freak Metal und Anarcho Krach nicht aus dem Mundwinkel tropfen.

Volkmar Mantei



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