CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)
MoHa! - One-way ticket to Candyland
(37:20, Rune Grammofon, 2008)
Kann Krach schön sein? MoHa! probieren es. Anders Hana (g, key, dr-machine) und Morton J. Olsen (dr, Supercollider3) haben taffe Nerven, viel Humor - und gute Ideen. Kühl durchdacht ist ihr Sound nicht. Sie arbeiten mit diversen Rhythmusfrakturen, quietschigen Sounds, Keyboardspielereien, Computerspielklängen, verzerrten und verfremdeten Gitarrensounds. Das Besondere ihrer Klänge sind die dem tonalen Krach zu Grunde liegenden Kompositionen. Die sind abstrakt, melodisch reich und nachvollziehbar, haben Struktur, mehr als üblich im Krachgewerbe, und sind kräftiger, markanter. Wenn es dann doch mal sehr freakig und abgefahren wird, zeichnet ihr Spieltrieb, ihre rhythmische Exaktheit und ihr Gespür für zwar schräge, aber doch logische Klänge sich aus. MoHa! treiben ihren Krach nicht auf die unanhörbare Spitze, die einem jeden geneigten Hörfreund die geliebte Nervenstärke raubt. Ganz im Gegenteil, selbst in den atonalsten, freiesten und unerhörtesten Stücken liegt noch immer Harmonie und melodisches Verständnis. Für Freunde der so genannten, und in aller Welt unentgeltlich geliebten progressiven Rockmusik gibt es ein Extraschmankerl: das kaum zweiminütige "Prog-o-rama" ist eine ausgefallene Tour de Force für alle Freunde erheblich komplexer und vertrackter Klangstrukturen. Klingt, als hätten King Crimson ein 1974er Gen in japanische Ruins vererbt, die das Dings auf einem Berlinkonzert versehentlich am Cottbusser Damm verloren haben, wo MoHa! es, aus der Straßenbahn steigend, urplötzlich als Virus aufsaugten, gänzlich veränderten und dann neu schrieben. Noch schöner, eigentlich, der Avantprog von "Aids of space". Wenn einige Quietscher auch quer vor den Ohren liegen und die Druckwelle der andauernden Rhythmusinvasion als minimalistisch geknackste LP-Rille in der stetig gleichen Passion liegt. Hat aber was, durchaus. Es wird danach nicht anders. Mal leiser, mal lauter. 38 Minuten lang. Mal dezent weniger abgefahren, dann wieder auf Hochtouren. MoHa! sind crazy Progheads, nur auf einem anderen Stern zuhause. Musik hat einfach kein Ende! Live angucken!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009