CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Krabat - Waiting for the next big thing
(61:33, Herzberg Verlag, 2008)

Etwas unglücklich ist der Stil der Band im Infoblatt angegeben worden. Indie-Prog steht dort. Was auch immer das sein soll, es trifft nicht den Nagel, sondern den Daumen. Krabat haben sich in den 8 Jahren seit ihrem letzten Album stilistisch komplett verändert und klingen doch immer noch unverwechselbar nach Krabat. Anja Wylezol (voc, g), Andreas Koch (g, voc), Ingo Schaefer (b) und Sven Palesch (dr) haben Progressive Rock ganz hinter sich gelassen. Ihren Stil würde ich, um der Schublade eine Aufschrift zu geben, introvertierten Alternative Rock mit Popattitüde nennen. Anja Wylezols Gesang und Andreas Kochs ganz typisches Gitarrenspiel sind die Parallelen zu den beiden früheren Alben. Die Band singt nicht mehr in deutscher Sprache, sondern Englisch. Die Art der neuen Kompositionen und Arrangements war so noch nicht vorher von der Band zu hören gewesen. Mich erinnert vieles an den Songs eher an psychedelischen Garage-Beat aus den Sechzigern, im modernen Sound wohlgemerkt, vor allem in rauen Gitarrenparts. Progfrei betrachtet sind die 11 Tracks angenehme, nachdenkliche Songs mit schneidenden Gitarrensounds und entspannten, zurückhaltenden Arrangements. Nie klang die Band erwachsener, aber auch nie druckvoller und konkreter. Krabat hatten noch nie einen leichten, eingängigen Stil. Eingängig sind die neuen Songs schon, leicht jedoch nicht. Sie gehen nicht ohne weiteres in die Ohren, es bedarf eines gewissen Gespürs für den Klang der Band. Die Rhythmusarbeit ist exzellent. Der melodisch gespielte Bass und der komplex getrommelte Rhythmus machen einen sehr guten Eindruck. Die beiden Gitarren rauen die Songs auf, vor allem die Soli gefallen mir besonders gut. Eine gewisse Schwerfälligkeit ist aus den Songs herauszuhören. Die Kompositionen waren keine Leichtgeburten, die Band gibt sich Mühe, ehrlich zu klingen, so wie sie klingen will, ohne ihre Progwurzeln ganz aus dem Konzept zu werfen. Das ist nicht in allen Vokalarrangements gelungen, was die instrumentale Begleitung betrifft. Die Melodiearbeit der Gitarren klingt hier in einigen der 11 Songs unentschlossen, verwirrt, unsicher. Die Gesangsleistung beider Sänger beeinträchtigt das nicht. Andreas Kochs schnoddriger Ton gefällt mir ausnehmend gut, Anjas klare, hohe Stimme hat mehr Volumen bekommen, sie singt leichter, eingängiger, den Eindruck verstärken die englischsprachigen Texte noch. Immer, wenn die Band ins Instrumentale gerät, wird sie sicherer, baut sich mehr überzeugende Qualität heraus. Die solistische Arbeit ist das A und O der schweren Songs.

Volkmar Mantei



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