CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Klotet - En Rak Höger
(48:22, Musea, 2008)

Aus dem reichen Reservoir des schwedischen Retroprogs stammend präsentiert sich die Formation Klotet im orgellastigen Sound der frühen 70er Jahre und nimmt die Hörerschaft mit ihrem Debütalbum "En Rak Höger" auf eine klanglich authentische Zeitreise. Vieles wird derzeit als Retroprog angepriesen und klingt dennoch trotz gewisser Reminiszenzen eher zeitgemäß. Der Sound der Gegenwart schleicht sich meist durch die Hintertür ein und lässt trotz allem Bemühen um eine klangtechnische Authentizität kaum einen Zweifel daran, dass ein aktuelles Output vorliegt. Dennoch kommen gerade skandinavische Acts in Form von einer Selbstbeschränkung im Fall der Wahl des Instrumentariums dem Geist der längst verflossenen 70er Jahre erstaunlich nah. Verstaubtes Tastenarsenal aus dem musikalischen Antikhandel scheint hier einer der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Auch die schwedische Band Klotet entsagt vielen Bequemlichkeiten des digitalen Zeitalters und weidet sich auf ihrem Erstling in einem fossilen Klanggebräu, das wie ein Produkt aus den frühen 70er Jahren klingt. Die musikalische Rückbesinnung geht dabei so weit, dass hier ein "Retro-Proto-Prog" vorliegt. Die kompakt gehaltenen Instrumentaltitel lehnen sich stilistisch an die kurzzeitige Übergangsphase vom flirrenden Psychedelic Sound der ausgehenden 60er Jahre zum komplex-symphonischen Kunstrock der 70er Jahre an. Diese Stilistik läuft allgemein unter dem Label des Proto-Progs und brachte im hammondlastigen Sound gerade in den Jahren 1969 und 1970 Vertreter wie zum Beispiel Rare Bird, Quatermass, Cressida und Bo Hansson hervor. Den meisten dieser Bands war mit Aufkommen der großen Progbands der 70er Jahre ein frühzeitiges Ende beschieden. Wer den Stil der 60er Jahre nicht über Bord werfen konnte, blieb angesichts der damaligen progressiven Erneuerung des traditionellen Rocksounds auf der Strecke. Umso erstaunlicher ist, dass im Jahr 2008 eine schwedische Band auf ihrem Debüt genau in dieses Segment des schon im Jahr 1972 veralteten Soundgeflechts drängt. Unter völliger Vernachlässigung der musikalischen Entwicklung nach dem Jahr 1970 zelebrieren Klotet in kompakter Songlänge eine durchweg instrumentale Mixtur aus verschlungener Psychedelic, frühprogressiver Entdeckungsvielfalt und nordisch-melancholischer Schwermut. Die Titel verschmelzen in nostalgischer Klangfülle zu einer höchst emotionalen Zeitreise, die sich in einem stimmungsvollen Nebeneinander aus prickelnder Anmut und schroffer Dynamik offenbart. Ein rumpelnder Sound unterstreicht den authentischen Charakter des gesamten Unternehmens, das sogar beinahe schon eine Prise altmodischer als die zeigenössischen Bands des Protoprogs klingt. In organischer Eindringlichkeit wird hier einem zu Unrecht oftmals vernachlässigten Bindeglied zwischen dem Psychedelic Sound der ausgehenden 60er Jahre und dem kurzzeitigen progressiven Höhenflug der ersten Hälfte der Siebziger die gebührende Ehre gezollt. Nichts klingt hier wie eine halbherzige Rückbesinnung an fast schon in Vergessenheit geratene Bands. Der Eifer und das Herzblut der beteiligten Akteure sind allgegenwärtig und lassen "En Rak Höger" zu einem empfehlenswerten Retrotrip werden.

Horst Straske



© Progressive Newsletter 2009