CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Karmakanic - Who's the boss in the factory
(55:45, InsideOut, 2008)

Naturgemäß muss eine solche Konstellation schon mal gut klingen: Jonas Reingold (Bass, Guitars, Keyboards), Zoltan Csörsz (Schlagzeug), Göran Edman (Vocals), Krister Jonsson (Guitars), Lalle Larsson (Keyboards, Piano), sowie als Gastmusiker u.a.: Theo Travis (Saxophon), Tomas Bodin (Keyboards), Andy Tillison (Hammond, Synths). Und die zum Teil neue Karmakanic-Fraktion hält auch die Erwartung - sie klingt nicht nur gut, sie beweist auf "Who's the boss in the factory" ihre spielerische Extraklasse. Sechs Songs versprühen eigentlich alle Qualitäten die man sich von einem Album des Genres wünscht: instrumentale Perfektion, Kreativität, lange (19:32 min. / 13:06 min. / 9:53 min.) und kurze (4:56 min. / 1:54 min. / 6:22 min.) Stücke, Zerbrochenheit, Härte, eine leicht jazzige Note, ein Wechselspiel zwischen retromusikalischem Feuer und moderneren, lockeren Kompositionen mit genau der richtigen Mixtur aus komplizierter, nach und nach zu entdeckender Tiefe und Eingängigkeit. Dazu kommen ein perfekter Sound und eine überschäumende Spiellust - aber auch mit dem nötigen musikalischen Gespür, für einen anderen Künstler Platz zu lassen. Zwangsläufig schwebt natürlich ein feiner Hauch der Flower Kings über den Stücken, doch hat Jonas Reingold sein eigenes Sammelsurium aus Retro Prog, (Hard-) Rock und Jazzrock geschaffen, das unheimlich cool und abwechslungsreich klingt. Ein Titel ist sogar recht poprockig arrangiert, aber trotzdem variierend und somit außerordentlich originell. Im Vordergrund steht eben nicht der Stil, sondern bestmögliche Musik zu machen, und dabei Spaß zu haben, so Reingoldīs Devise. Phasenweise erreichen diese Kreationen sogar die Brillanz und Frische des sensationellen Debüt-Album "Entering the Spectra". Umwerfend welche emotionale Stimmung bei "Eternally Pt. 1" und "Eternally Pt. 2" durch dezente Streicher, düsterem Bassgezupfe, einem famosen klassischem Klavierpart oder einem lässigen Akkordeonsolo eingefangen wurde. Diesen zweiteiligen Track widmet Reingold seinen Eltern, die kurz vor Weihnachten bei einem tragischen Autounfall ums Leben kamen. Ein insgesamt sehr gutes Album, das die Absichten von Jonas Reingold in jeder Beziehung unterstreicht.

Andreas Kiefer



© Progressive Newsletter 2009