CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Fromuz - Overlook
(69:09, 10t Records, 2008)

Prog ist international. Und seit dem Siegeszug des Internets wird dies immer überdeutlicher. Denn wo hätte man früher die Chance gehabt, eine Band aus Usbekistan zu hören? Die Internationalisierung sorgt aber genauso für einen weiteren Nebeneffekt. Wüsste man nicht, dass Fromuz aus der ehemaligen Sowjetrepublik stammen würde, so hätte man ihren instrumentalen Progressive Rock glatt im anglo-amerikanischen Bereich eingeordnet. Globalisierung verwischt eben auch die Grenzen der eigenen Kultur und Identität. "Overlook" ist der zweite Longplayer des Quartetts aus Taschkent. Fünf opulent angelegte Kompositionen (keine unter knapp 11 Minuten lang) finden sich auf dem Album. Inspiration scheinen mehr als deutlich die modernen King Crimson zu sein, doch Fromuz agieren keineswegs zu technisch und nur auf konstruierte Komplexität ausgelegt. Ihre Musik wirkt insgesamt wärmer, wesentlich sinfonisch-bombastischer, eine Grundtendenz zum elegischen Neo / Retro Prog bzw. elektronischen Elementen ist ebenso nicht von der Hand zu weisen. Dennoch ist das Material eine Gratwanderung zwischen neuzeitlichen Sounds, rasiermesserscharfen Riffs, fordernder Rhythmik und verspielter Sinfonik, die keineswegs andere Strömungen außen vor lässt und auch niemals ausschließlich nur auf Komplexität getrimmt ist. Zwar sind die Songs von Fromuz keine leicht Kost und mehrheitlich im moderat komplex verspielten Progressive Rock verankert, aber funkige Riffs, leichtfüßige Jazz-Rock Elemente oder klangtechnische Experimente sorgen für die nötige inhaltliche Auflockerung. Trotz Songs ausschließlich im Longsongformat steht Atmosphäre und kompakter Bandsound vor solistischen Eskpaden, hat die crimsoneske Note auch genügend Heavyness und Bodenhaftung, um nicht in kopierender Ehrfurcht zu verharren. Progressive Rock mit Attitüde und ohne zu überladener Selbstbeweihräucherung. Fromuz rocken den Osten!

Kristian Selm



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