CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)
Citriniti - Citriniti feat. Fabrizio Leo
(56:53, Citriniti Records, 2008)
Die Innenseite des Backcovers: da sitzen die drei Irren in der Kneipe, haben ihren Wahnsinnsjob getan und erholen sich bei einem großen Glas Bier (dem sicher noch einige weitere gefolgt sein werden). Es sei ihnen gegönnt. Das Duo+ hat erneut ein Album voller nervös-hektischer Streß-Jazzprog-Frickeleien eingespielt, 11 Songs voll abgefahrener Geschwindigkeitsräusche, Jazzsoli, Metallriffs, Komplexrhythmen und Skalenrasereien. Danilo (dr) und Domenico (b) Citriniti haben sich, wie schon beim Vorgängerwerk "Between the music and latitude" (2006) mit Fabrizio Leo (g) zusammengetan, rasanten Jazzmetal auf die verflixt technische und komplexe Art einzuspielen. Die 11 zwischen 4 und 7 Minuten langen instrumentalen Tracks sind von den Brüdern komponiert worden, Gitarrist Leo hat das komponierte Liedgut mit eigener Fantasie und vitaler Spielwut ausgebaut. Ein paar Keyboardspuren hat der Trommler, ganz unterfordert, nebenher programmiert. Citriniti haben im Vergleich zu Spaced Out mehr Geschwindigkeit und Härte, dafür etwas weniger Agogik. Im Vergleich zu Planet X sind sie weniger wuchtig, und um einiges technischer. Wie in jedem Genre, und Progressive Rock reicht auf der einen Seite an Pop, der nächsten an Ambient, der dritten an Free Jazz, dann wiederum an Hardcore Metal - um nur einige markante Punkte aufzuzählen - gibt es Fans, Liebhaber und Hasser bestimmter Splittergruppen. Selbst innerhalb der progressiven Rockmusik wird Citriniti äußerst negative wie überaus positive Gefühle auslösen. Wer technische Frickelorgien im harten Komplexbereich nicht mag, darf sich am ausklingenden dritten Track erfreuen oder in seinem geliebten Bereich wildern. Freunde der abgefahrenen Klänge, die nicht genug schräges, freakiges Lautzeug bekommen können, dürfen sich über ein erlesenes Werk feinster handwerklicher Ausarbeitung mit fulminantem Überraschungsreichtum und zahllosen technischen Extravaganzen freuen, dem die Luft partout nicht ausgeht, das keine Pause kennt und Stilleinseln wenigstens und kürzest nur einsetzt. Kalte Musik? Musik für Musiker? Technikakkrobatik? Mehr Vorwürfe habt ihr nicht? Ist alles bekannt und gespeichert, mehr davon! Citriniti sind cool. Eines nur stört mich fundamental: dass die Jungs heute Abend nicht in meiner Lieblingskneipe auftreten! Bier gibt's auch hier!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009