CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Tomas Bodin - Cinematograaf
(51:66, Privatpressung, 2008)

Sein neues, mittlerweile viertes Werk ist im wahrsten Wortsinn ein Soloalbum, denn der Tastenmann der Flower Kings spielt hier wirklich alles im Alleingang ein. Statt des erwarteten Nachfolgers von "I AM" schiebt Bodin überraschenderweise dieses eher an einen Soundtrack erinnernde Album ein, vielleicht auch, um die Wartezeit bis zur Veröffentlichung von "UR", an dem bereits gearbeitet wird (siehe auch Interview), zu überbrücken. Der Titel legt schon nahe, dass die Musik etwas mit einer Art Film im Kopf zu tun haben könnte, man also durchaus eher einen Soundtrack als ein "Keyboardfingerfertigkeitsdemonstrationsalbum" erwarten darf. Cover wie auch Musik strahlen eine gewisse Düsternis aus, schon im Auftakttitel "An ocean in between" klingt es eingangs leicht schaurig, an Stimmungen von Goblin Alben oder sogar auch leicht an Devil Doll anklingend. Im Verlaufe des Stückes verschiebt sich die Stimmung auch mal wieder in eine etwas positivere Richtung, aber ein etwas düsteres Gesamtbild bleibt zurück, was auch für die restlichen beiden Titel gilt. Dabei weiß Bodin mit einem beeindruckenden, sehr abwechslungsreich gestalteten Keyboardsound Stimmungen und Atmosphären zu erzeugen, die weit über das bloße Einsetzen von breiten Keyboardflächen hinausgehen. Wobei es nicht ausschließlich um vielfachen Synthesizereinsatz geht, sondern selbstverständlich auch mal ein einfaches Piano den Ton angeben darf. Oder aber massive Kirchenorgel gepaart mit Mellotron-Chören den Übergang zu einem wilden Synthi-Lauf bilden, wie im Abschlusstitel "Six Six Six". Aber auch ruhige Momente oder Passagen mit Ballettmusik-Charakter à la Rene Aubry sind zu hören. Wer grundsätzlich mit 1-Mann-Alben, noch dazu, wenn sie keyboarddominiert sind, nichts anfangen kann, wird wohl kaum die angesprochene Klientel für diese Veröffentlichung darstellen. Aber wer neugierig ist, wie ein grandioser Progressivrock-Keyboarder Bilder, die er im Kopf hat, musikalisch umsetzt, der wird hiermit bestens bedient. Ob dies gefällt, ist eine ganz andere Frage. Aber dass "Cinematograaf" nicht einfach wie tausend andere Produktionen aus diesem Genre klingt, ist für mich schon mal keine Überraschung. Es wäre mal interessant festzustellen, inwieweit ein Hörer, der im Wesentlichen in der Elektronik-Musik (statt im Prog) zu Hause ist, dieses Werk im Vergleich zu den Szenegrößen einordnet. Mir gefällt dieses rein instrumentale Tastenkino jedenfalls sehr gut, egal ob mit Prog- oder Elektronik-Ohren gehört. Sehr passend übrigens auch das schöne Cover, das von einem mittlerweile recht bekannten Künstler stammt, nämlich von Ed Unitsky.

Jürgen Meurer



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