CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)
Birdsongs Of The Mesozoic - Dawn of Cycads
(68:39 + 54:08, Cuneiform Records, 2008)
Sie machten progressive Musik als es sonst kaum einer machte. Birdsongs Of The Mesozoic, heute noch aktiv und veröffentlichend, spielten unter dem Label "Art-Punk" in den 80ern einen ungewöhnlichen Mix aus Symphonic Rock, Avantgarde Pop und No Wave. Roger Miller (p, keys, perc, org), Erik Lindgren (keys, perc, rhythm machines), Rick Scott (keys, perc, p) und Martin Swope (g, perc) weigerten sich, Schlagzeug zu nutzen. So haben sie zwar eine ellenlange Liste von Gerätschaften, auf denen sie "Perkussion" veranstalteten, die nicht unbedingt dafür vorgesehen waren. Aber "richtiges" Schlagzeug wurde nicht gespielt, fand nicht statt, hatte im Soundkonzept nichts zu suchen. Produzent ihrer ersten Veröffentlichungen, die nun auf 2CDs von Cuneiform Records realisiert werden, war der Inhaber des Ace of Hearts Labels, Richard W. Harte. Die "Birdsongs of the Mesozoic" EP (1983), "Magnetic Flip" (1984), "Beat of the Mesozoic" (1986) und "Between Fires" (1987) offenbaren eine kreative Band, die von der New York Times damals als der Welt härtestes Kammerrock Quartett bezeichnet wurde. Nichts an den Songs ist wirklich "hart" im Sinne von Rockhärte. Hart ist die Kompositionssprache der Birdsongs. Klassisches Piano, symphonische Keyboards, offene, weite Klangflächen und kratzige Gitarrensounds brachen sich an billigen Klängen schlichter Rhythmusmaschinen, an seltsam gespielter und seltsamer noch klingender Allerleiperkussion. Im Booklet erinnern sich die Band und ihr damaliger Produzent Harte an die Zeit der Aufnahmen, Geschichte und Eigenart der Band werden so nachvollziehbar erzählt. Die Songs sind verspielt bis avantgardistisch, bisweilen erheblich schräg und atonal. Dann wieder erwächst aus einer kindlichen Note ein abstraktes Schema, unterlegt von fürchterlich billig klingenden Sounds des dämlichsten Rhythmuscomputers der Welt. Zum Glück wird die "rhythm machine" nur in einigen wenigen Stücken genutzt, der handgemachte Rhythmus auf zahllosen Flächen und Geräten ist zum eigenwilligen Sound der Band weitaus passender. Auf CD1 sind drei Bonustracks aus dem Jahr 1984 enthalten. Die acht Tracks von "Between fires" sind Liveaufnahmen vom 14. Mai 1987. Die Band interagiert launig mit dem Publikum, was den strengen Songs als flapsige Lockerung gut steht. Der Klang der live aufgezeichneten Stücke steht den Studioaufnahmen deutlich nach, ist aber genießbar. Die Reissue-Programme auf Cuneiform Records hat schon allerlei Ungewöhnliches präsentiert. Zwei Schwerpunkte sind dabei auszumachen. Zum einen die Orientierung auf canterburyanischen Jazzrock aus den Siebzigern und avantgardistischen No Wave/Avant Pop aus den Achtzigern. 5uu's und Thinking Plague haben ihre ersten Dokumentationen so auf CD gebracht, jetzt sind die viel gelobten, eigenwilligen Birdsongs Of The Mesozoic dran. Erstaunlich, retrospektiv betrachtet, welchen stilistischen Werdegang alle drei Bands genommen haben.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009