CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Trettioåriga Kriget - War years
(63:41 + 70:39, Mellotronen, 2008)

Bandname ("30-jähriger Krieg) und Albumtitel ("Kriegsjahre") klingen in der deutschen Übersetzung recht martialisch, dennoch ist dieses Doppelalbum alles andere als ein brutaler Überfall auf den Zuhörer. Seit der Reunion von Trettioåriga Kriget vor einigen Jahren, widmet sich die Band nicht nur neuer Musik, sondern bereitet sorgsam ebenfalls ihre Geschichte bzw. ihren Backkatalog wieder auf. "War years" ist erstaunlicherweise das erste Livealbum in der langen Bandgeschichte und zudem der gekonnte Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die erste CD umfasst Livemitschnitte aus den Jahren 1971 bis 1981 vor dem vorläufigem Split, während die zweite CD hauptsächlich dem Auftritt auf dem Progday Festival in North Carolina, U.S.A. im Jahre 2004 gewidmet ist, mit einigen Ausflügen in die schwedische Heimat, da einige Titel von einem Gig in Nacka aus dem Jahre 2007 stammen. Somit ist "War years" kein traditionelles, sprich durchgängiges Livealbum von der gleichen Tour, sondern mehr ein gelungener und umfassender Querschnitt durch die Geschichte dieser schwedischen Formation. Passend dazu bekommt man im ausführlichen Booklet einen recht tiefen Einblick in die Historie von Trettioåriga Kriget, womit dieses Album einen fast schon archivarischen Charakter aufweist. Doch hört man sich die zweite CD an, die zum Großteil Titel aktuelleren Datums enthält, so merkt man, dass diese Band immer noch einiges zu sagen hat. Die Mischung aus Progressive Rock typisch skandinavischer Prägung und rauer, erdiger Rockmusik - in den frühen 80ern auch mit deutlichem, straighten Wave Touch - die vor allem durch den schwedischen Gesang ihre ganz eigene Note beinhaltet, weist eben ihren ganz eigenen Charakter auf, der keineswegs durch die üblichen Retro Versatzstücke funktioniert. Die Skandinavier sind weit weniger auf die Keyboards fokussiert, sondern bei ihnen stehen vor allem expressiver Gesang in Landessprache, der Rückgriff auf geradezu euphorische Parts und heftige Riffs im Vordergrund. Gerade auf der ersten CD ist Klangqualität und ebenfalls das Songmaterial nicht immer mit heutigen Standards vergleichbar, dafür überzeugen die ehrliche Leidenschaft und der historische Charakter der Aufnahmen. Doch sind es vor allem die Aufnahmen aus den späten 70ern, wie auch die CD Nummer 2, die den unbestreitbaren Reiz dieses Albums ausmachen.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2009