CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Spaced Out - Evolution
(55:04, Unicorn Digital, 2008)

Nicht erst seit Spaced Out wissen die Verschworenen des "Prog-Zirkels" (schön, ist es nicht?), dass Frakturen auch etwas Gutes sein können. Rhythmusfrakturen. Spaced Out probieren auf "Evolution", wieder einmal, den totalen Splitterbruch. Und holen aus der Technikkiste, was darinnen ist. Den Verschworenen oben genannter Kreise zum Genuss webt die kanadische Truppe eine entzückende tonale Bruchlandschaft, die, wie gehabt bei dieser erleuchteten Band, voll Inspiration, Komposition, handwerklicher Meisterschaft und Klangfülle ist. Die Einspielung der neun Tracks ist anders vor sich gegangen als bisher. Chef und Komponist Antoine Fafard (b, g) und Mark Tremblay (g) haben, wie die beiden Gastkeyboarder Alex Argento und Eric St-Jean, die für gesamt fünf Songs Soli einspielten, ihre Anteile in ihren jeweils eigenen Studios aufgezeichnet. Fafard begann, ein Jeder leistete seinen Beitrag, Fafard mixte die Anteile zusammen. Bis zum guten Schluss Rhythmusbrecher Martin Maheux seinen Schlagzeugpart live in einem weiteren Studio dem bis dahin fertigen Material hinzufügte. Alles eine Frage der Inspiration, der Intention - und der Kommunikation. Trotzdem ist kein trockenes, künstliches Tönchen zum hören. Gewiss, wer keinen persönlichen Link zu technischem Prog Jazz Rock hat, wird diesen wackeren Klängen keine emotionale Seite abgewinnen können, und in kein fiebriges Lauschen ausbrechen. Das grundsätzlich. Das relativ dicke und schön aufgemachte Booklet zeigt im ersten Teil die Musiker und einige technische Details, wozu es auf der letzten Seite geballt zurückkehrt. Dazwischen jedoch sind fünf Seiten einer Einführung in den Bandsound gewidmet. Die Band hat gewiss genügend Missverständnisse und Fehlinterpretationen gehört und versucht hier, die musikalischen Dinge aus ihrer Sicht zu präsentieren. Und das tun sie gut. Ich klaue auch gleich mal aus dem Abschnitt, mit dem sie ihre Musik zu beschreiben versuchen. Nach Spaced Out Ansicht, und da klinke ich meine ein, stehen folgende Adjektive für den Sound der Band: polyrhythmisch, Groove, rhythmische Manipulationen, Improvisation, Ostinati, repetitive Figuren - und Freiheit. Wie gehabt sind die Kompositionen rhythmisch vertrackt, von großer Komplexität, bombastischem Gefüge, metallischer Härte. Stärker als je zuvor betonen Spaced Out eine heiße, nicht popbetonte Funk-Note in ihrem Spiel, das die Knackigkeit der Songs anspitzt. Wer die Band kennt und mag, kann hier nicht nur bedenkenlos zugreifen. Das Suchtmaterial ist ein Muss den Opfern! Der personelle Rest wird indes den Garten umgraben. Und einen Blick zum nahen Boden wagen. Unbedingt!

Volkmar Mantei



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