CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Andrés Ruiz - Los deudos
(48:59, Viajero Inmovil, 2008)

Man hat es nicht immer leicht mit den Verwandten (spanisch: los deudos). Der argentinische Songwriter Andrés Ruiz leistet seinen ganz eigenen Beitrag dazu, die nicht immer gern gesehenen familiären Gäste aus dem Haus zu jagen. Nein, ganz so schlimm ist der musikalische Gehalt des 13 Lieder umfassenden Songzyklus nun wirklich nicht, doch der Multi-Instrumentalist gibt sich zusammen mit seinen Gästen wirklich redlich Mühe, nicht in ein festes Schema passen zu wollen. Mit melancholischen Rocknummern fängt er das anspruchsvolle Rockpublikum ein, doch dazu als musikalischer Bruch: schrägere Instrumentals als elektrifizierter Chamber Rock kommen mit Ecken und Kanten nicht gerade einfach daher. Eigentlich besteht dieses Album aus allerlei Wechseln, die aber sanft und wenig krass passieren und ohne dabei die harmonische Grundstruktur aus den Augen zu verlieren. Dennoch: für Rock / Pop bisweilen zu vertrackt und jazz-rockig, für Avantgarde deutlich zu melodieselig und südländisch emotional, doch auch im Spannungsfeld dazwischen kann man ebenfalls interessante Musik produzieren. Vor allem der warme Sound von jeder Menge Fender Rhodes, aber auch herrlich antik klingenden Keyboards, sowie der angenehme Gesang sorgen immer wieder für ein Aufhorchen. Dabei verzichtet André Ruiz auf ausladende bzw. zu komplexe Strukturen, sondern seine Songs, immer irgendwie von traurigen Stimmungen durchzogen, fühlen sich eher im 4-5-minütigen Bereich wohl. Mit einer abwechslungsreichen Instrumentierung bei den musikalischen Gästen (Flöte, Viola, Saxophon) bekommt man eben nicht alltägliche Singer / Songwriter Kost, sondern eher traurige, aber auch emotional tiefgründige Botschaften aus dem Land der Gauchos.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2009