CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Pendragon - Pure
(53:10, Toff Records, 2008)

Kaum zu glauben, aber richtig gut: Pendragon wagen tatsächlich den Brückenschlag zum New Artrock. Schwere, kratzig-verzerrte E-Gitarrenriffs von Nick Barrett, krachende Drums vom neuen Drummer Scott Higham und ein Clive Nolan, der seine alltäglichen Synthie-Sounds elegant mit zeitgenössischen Elementen verbindet. Dadurch klingt man entschieden rockiger und zupackender. Von dieser Wucht werden auch gleich der Opener "Indigo" (13:43 min.) und das darauf folgende Stück "Eraserhead" (9:06 min.) getragen. Düstere Beats, verzerrte Frauen- und Männergesänge, laute Rock-Gitarren, kraftvolle Drums - teils sogar mit treibender Doublebass-Technik und vielseitige Keyboardklänge stehen im ständigen Wechsel mit den gewohnten Pendragon-Ohrwurm-Melodien oder Barretts malerischen Gitarrensoli. Der dreiteilige Track "Comatose" (7:40 min. / 4:03 min. / 5:55 min.) beginnt mit sanftmütigen Piano- und Streicherklängen, doch plötzlich zieht das Tempo mächtig an - unsagbar schwere metalartige Gitarren gehen wie ein Gewitter auf den Hörer nieder - es wirbelt und purzelt aus einem beachtlichen Facettenreichtum - am Ende wird das Ganze mit floydigen Klängen wieder etwas beruhigt. Ein überaus kreativer Song, der trotz einiger bekannt vorkommenden Pendragon-Trademarks als Glanzpunkt der CD zu sehen ist. Bei den beiden Schlusstracks werden der rockige Sound und das dadurch aufkommende Spannungsverhältnis leider wieder entschärft. "The Freak Show" (4:27 min.) fängt zwar kernig an, gleitet aber immer mehr in einen gewöhnlichen, geradlinigen Neo Prog-Popsong - mit eingängigen Refrains und einem unpassenden Vorwärtsgetrommel im Uptempobereich ab. Ein weiteres überflüssiges Pendragon-Kapitel mit zu weichgespülten und süßlichen Balladen tritt bei dem letzten Song "Itīs only me" (8:16 min.) wieder in Erscheinung. Trotzdem ist "Pure" ein überraschend gutes Album, das selbst eingefleischte Pendragon-Fans sowie einige der Neo Prog-Verspotter ins Staunen bringen wird.

Andreas Kiefer



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