CD Kritik Progressive Newsletter Nr.63 (09/2008)
Sigur Rós - Með suð í eyrum við spilum endalaust
(52:29, XL Recordings, 2008)
Einmal mehr haben Sigur Rós in ihrer ganz eigenen Klangwelt kleinere Korrekturen vorgenommen. Während sie auf den letzten Alben mit sehr ruhigen bzw. akustischen Tönen experimentierten, haben sie auf dem aktuellen Werk teilweise Fröhlichkeit und songdienliche Formate für sich entdeckt. Doch die eigenbrötlerische Band aus Island bleibt sich in gewisser Weise treu, denn trotz stellenweise geradezu euphorischer Melodien bzw. aufs Wesentliche zurückgenommene Formate, klingen Sigur Rós eben doch noch nach sich selbst, auch wenn man von einer gewissen Aufweichung der eigenen Verschrobenheit sprechen kann. So gibt es diesmal stellenweise fast schon singletaugliche Songs zu hören, beim letzten Song "All alright" bemüht man sogar die englische Sprache. Zu verstehen ist dennoch nur sehr wenig, da immer noch der typische Falsettgesang für eine stimmliche Verfremdung sorgt. Doch irgendwie geht durch den leicht veränderten Ansatz zum Teil auch die Magie von Sigur Rós verloren, wenngleich man natürlich verstehen kann, dass sich die Band weiterentwickeln möchte und eben nicht einfach ein weiteres Album nach gleichem Strickmuster einspielen möchte. Es sind dann doch die längeren, langsam mit Dynamikschüben spielenden Titel, wie z.B. "Ára batur" (wobei ich diesen Song bei einem Sonnenaufgang auf der Autobahn zum ersten Mal hörte und er einfach die Magie dieses Augenblicks perfekt einfängt) oder "Festival" (beide im 9-minütigen Bereich), die dem Album das gewisse Etwas und die Rückbesinnung auf die eigentlichen Stärken der Band verleihen. Trotz aufwändiger Arrangements mit Chor und Orchester, hinterlässt "MeŠ suŠ í eyrum viŠ spilum endalaust" in gewisser Weise den Eindruck eines Übergangsalbums, bei dem Sigur Rós etwas auf der Suche nach der eigenen, neuen Identität sind.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2008