CD Kritik Progressive Newsletter Nr.63 (09/2008)

Lars Hollmer - Viandra
(49:49, Cuneiform Records, 2008)

Ganz unauffällig beginnt Lars Hollmer sein neuestes Album mit ein paar Folknummern eindeutig skandinavischer Prägung. Hat der Keyboarder und Komponist, der in den 70ern vor allem als Mitbegründer von Samla Mammas Manna und deren Nachfolgebands im R.I.O. / Avantgarde und kammermusikalischen Bereich für Furore sorgte, seine innere Ruhe gefunden? Mitnichten! Zwar bekommt man auf "Viandra" jede Menge akustische, nordische Folklore geboten - meist recht kurze, relativ simple Stücke - die durch ihre schönen, bisweilen melancholischen Melodien beeindrucken. Doch immer wieder folgen eben jene inneren Brüche, die man von einem Mann mit dieser musikalischen Vergangenheit erwartet. Zwar geht es nicht mehr ganz so expressiv wie in den 70ern zu Werke, hat sich irgendwie doch eine gewisse Altersweisheit durchgesetzt, doch hin und wieder gehen mit Herrn Hollmer musikalisch die Pferde durch. Der "schwedische König von allen Dingen, die über Tasten verfügen" hat auf "Viandra" in erster Linie sein Herz und seine Seele an die heimische Folklore und schräge Kirmesmusik verloren, setzt vor allem das Akkordeon bestens in Szene. Es sind dennoch die leisen Untertöne, die leicht sperrigen, kammermusikalischen Momente, die mit allerlei namhafter Unterstützung (u.a. Morgan Ågren, Coste Apetrea, Ulf Wallander) entsprechend ihre Verfeinerung erfahren. Ein beschauliches, aber keinesfalls betuliches Alterswerk, das weniger offensiv die Hörnerven kitzelt, sondern mehr in den Details seine Würze genussvoll in Szene setzt.

Kristian Selm



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