CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)

Theo Travis - Double talk
(66:17, 33 Records, 2007)

Theo Travis gehört eher zu den unauffälligen Vertretern der Branche. Da passt es irgendwie ins Bild, dass er sich auf der Rückseite seiner aktuellen CD "Double talk" hinter seinem Saxophon versteckt, er beim Bild von ihm und seiner Band im Booklet unauffällig am Rande sitzt. Dabei hätte es der Brite gar nicht nötig, mit so viel Understatement zu glänzen, denn nicht nur durch seine Gastauftritte u.a. bei The Tangent, Gong oder Porcupine Tree, wie auch als Mitglied der aktuellen Ausgabe von Soft Machine (Legacy) beweist er, dass er wirklich einiges auf der Pfanne bzw. in den Backen hat. Für die unbestreitbaren Qualitäten von Theo Travis und seinen guten Ruf spricht ebenfalls, dass er auf "Double talk" bei drei Titeln von Robert Fripp begleitet wird, sogar einen Titel zusammen mit dem exzentrischen King Crimson Leader schrieb. Die wohltuende Zurückhaltung des eigenen Egos spiegelt sich ebenso auf den acht Songs des aktuellen Theo Travis Soloalbums wider, auf denen er neben den Gastauftritten von Fripp von seiner Stamm-Mannschaft Mike Outram (Gitarre), Pete Whittaker (Orgel) und Roy Dodds (Schlagzeug) sehr geschmackvoll begleitet wird. Auch wenn die Wurzeln mehr im relaxten Jazz alter Schule bzw. im zurückhaltenden Jazz Rock zu finden sind, so wird doch mehrfach ein unauffälliger Blick hin zum Progressive Rock gewagt. War auf seinem letzten Solowerk eine sehr gelungene Version von "21st century schizoid man" zu finden, so ist diesmal mit dem Pink Floyd Frühwerk "See Emily play" ebenfalls eine überaus gelungene, sehr eigenständige Coverversion vertreten. Doch auch Theo Travis beweist bei seinen Eigenkompositionen ein feines Händchen für die richtigen Töne zur richtigen Zeit, den nötigen Raum für seine Mitstreiter. Während der Opener "Ascending" mit seiner Würde und Ruhe an die Frühwerke von King Crimson erinnert, lässt er beim über 16-minütigen "Oblivionville" die flirrenden Ambient-Töne sprechen. Mit Flöten Loops, die von Robert Fripp durch seine typischen Soundscapes verfeinert werden, ist hier jede Menge Platz für ätherische Klänge, die sich bis zu lässigem Bar Jazz bewegen. Auch im weiteren Verlauf der CD sind die Grenzen fließend, dürfen es auch gerne mal ein paar sperrige Notenfolgen sein. Dennoch spielen alle Musiker eher gruppendienlich zurückhaltend, sind die Feinheiten vor allem beim genauen Hinhören zu vernehmen. "Double talk" ist somit vor allem ein unauffälliges Album der leisen Töne, dennoch mehr als nur gefällige, ambitionierte Begleitmusik für den Hintergrund und verbindet damit die Elemente der letzten beiden Alben von Theo Travis ("Slow life" als Ambientwerk, "Earth to ether" für die jazzige Seite) auf einer Scheibe.

Kristian Selm



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