CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)
Ghost Circus - Across the line
(69:39, ProgRock Records, 2007)
Das virtuelle Duo Ghost Circus geht in die zweite Runde. Der Holländer Ronald Wahle, sowie der Amerikaner Chris Brown arbeiteten nach ihrem 2006er Debüt "Cycles" wiederum erfolgreich quer über dem Atlantik zusammen. Nicht nur, dass die beiden mittlerweile eine gemeinsame musikalische Formel gefunden haben, die deutlich härter als beim Debüt ausfällt, auch ist ihnen hoch anzurechnen, dass sie nicht mit programmierten Rhythmen arbeiten, sondern alle Lead- und Rhythmus-Instrumente komplett von den beiden alleine eingespielt wurden. Treu geblieben ist man sich vor allem beim eher rockigen Grundansatz, der zwar auch auf Bombast und Power setzt, aber weniger komplexe Taktwechsel in den Vordergrund stellt, sondern in erster Linie auf direkten Rock-Groove vertraut. Dafür sorgen die meist zur Untermalung eingesetzten Keyboards für den atmosphärischen Unterbau, während vor allem die Gitarre die instrumentale Führungsrolle übernimmt. Auch wenn der gelegentliche Härtegrad an manchen Stellen etwas aufgesetzt und zu übertrieben wirkt, vor allem in Anbetracht der meist eher zurückhaltenden und melodischen Spielweise von Ghost Circus, ist "Across the line" inhaltlich durchaus als Fortschritt zum Debüt "Cycles" zu werten. Dabei zerfällt das Album in zwei Hälften: während zu Beginn eher die songorientierten Nummern stehen, beinhaltet das achtteilige "Through the light" zudem jede Menge sinfonischen Neo Prog Bombast und instrumentale Ausschmückungen. Dennoch krankt "Across the line" vor allen an zwei Tatsachen: Chris Brown ist lediglich ein ordentlicher, aber keineswegs mitreißender Sänger. Zudem versuchen Ghost Circus zwar an ihrem eigenen Profil zu arbeiten (vor allem das bereits erwähnte "Through the light" wartet mit einigen interessanten Überraschungen auf und entwickelt sich im euphorischen Schlussteil zum Highlight des Albums), aber letztendlich ist "Across the line" über weite Strecken eine eher unaufgeregte, zu wenig eindringliche Angelegenheit, die es sehr schwer gegen die zahllose Konkurrenz haben wird. Für den eigenen Höreindruck stehen übrigens auf der Bandseite bzw. bei myspace jede Menge Soundbeispiele zur Verfügung.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2008