CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)

Caamora - She
(66:18 + 56:22, Metal Mind Productions, 2008)

"Nicht kleckern, sondern klotzen" lautet die Devise. Nach knapp zweijähriger Arbeit legt Clive Nolan zusammen mit seiner Muse Agnieszka Swita sein neuestes Projekt vor. "She" (als Grundlage diente eine klassische Novelle von H. Rider Haggard, die auch bereits vor einigen Jahrzehnten verfilmt wurde) erscheint nicht nur regulär als Doppelalbum mit umfangreichem, reich bebildertem Booklet, bereits im Oktober letzten Jahres feierte das opulente Neo Prog Musical seine Bühnenpremiere. Damit kann man dieses Werk in unzähligen, schier unüberschaubaren Formaten (als Doppel CD, DVD, limitierte DVD und Doppel CD, limitierte Doppel CD mit Bonustracks, limitierte 3-fach LP mit Bonustracks oder als opulente Box mit Doppel CD, Live Doppel CD und Doppel DVD) käuflich erwerben. So weit die Fakten. Inhaltlich bekommt man genau das geboten, was man von einem Projekt erwarten darf, bei dem Clive Nolan die fast komplette Kontrolle (Musik, Texte, Tontechnik, Produktion) übernommen hat. Hier gibt's sinfonisch-melodischen Bombast im dramatischen Neo Prog Breitwandformat, der durch den opernhaften Charakter mit Orchester und Chor auch noch pseudo-klassisch untermalt bzw. böse formuliert "aufgeblasen" wird. "She" ist so etwas wie die orchestral überladene Fortsetzung des kammermusikalischen Konzepts von Strangers On A Train (u.a. übernimmt auch Pallas Frontmann Alan Reed wieder einen Gesangspart). Das Hauptproblem von "She": oftmals weiß man einfach nicht so genau, ob man diesen sich auftürmenden Pomp nun wirklich ernst nehmen soll oder sich Clive Nolan einfach einen Riesenspaß daraus macht, mit mächtig triefendem Schmalz und ausladender Dramatik einfach die Erwartung seiner Fans, wie auch Kritiker mit jedem erdenklichen überdrehten Neo Prog Mumpitz Klischee zu bedienen. Leider erweist sich dabei gerade Agnieszka Swita nicht unbedingt als gelungene Stimme für den Hauptpart, da sie des Öfteren wie ein etwas unsicherer Abklatsch von Tracy Hitchings wirkt. Auch kompositorisch zeigt sich Clive Nolan nicht immer unbedingt von seiner Schokoladenseite, denn im Vergleich zu seiner Arbeit bei Arena wirkt einiges auf "She" doch einfach als inhaltlich zu überladen und meist nur auf hohlen Bombast und eingängige, ziemlich platte Melodien setzend. Die optisch opulente und theatralische Umsetzung auf DVD übertüncht die inhaltlichen Mängel zusätzlich, macht aber auch deutlich, dass alle Akteure schauspielerisch überfordert sind und nur mit aufgesetzten Gesten so etwas wie Dramatik verbreiten. Musikalisch fehlen den breit gefächerten Tastenlandschaften die Gitarre bzw. andere prägnante Soloinstrumente als Balance. Trotzdem sei aber durchaus eingestanden, dass es im mehr als 2-stündigen Material durchaus kleinere Lichtblicke zu verzeichnen gilt. Gerade Magenta Sängerin Christina Booth erweist sich als die genau passende Stimme für diese Art von Musik und netterweise wurden ihr auch noch die abwechslungsreichsten und inhaltlich interessantesten Tracks (u.a. mit Folk / World Music Einfluss) zugeordnet. So wird "She" wie immer die Lager spalten (was man auch an den bisher veröffentlichten Kritiken im Internet erkennen kann, die von totaler Begeisterung bis zu unfassbaren Entsetzen reichen): die Fans werden sich dieses Werk (in welchem Format auch immer) sicherlich zulegen, die Kritiker haben wieder etwas, was sie gnadenlos zerreißen können.

Kristian Selm



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