CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)
Tim Burness – Vision on
(49:37, Expanding Consciousness, 2007)
Verwundert reibt man sich die Ohren. Stammt dieses Album wirklich aus dem Jahr 2007? Nochmalige Überprüfung im Booklet: aufgenommen in den Jahren 2005-2007. Komisch, komisch, denn „Vision on“ klingt in jeglicher Hinsicht wie frisch aus den 80ern. Sowohl der Gesamtsound, die Kompositions-techniken, die Arrangements, wie stellenweise auch die für die 80er typisch sterile Klangästhetik finden sich hier wieder, als hätte es einfach die letzten 25 Jahre Musikhistorie nicht gegeben. Stilistisch schwanken Tim Burness und seine Begleiter (u.a. ex-Pendragon Schlagzeuger Fudge Smtih) zwischen Neo Prog („Can you hack it? „), Rock („Everyone hears voices“), Space Rock („Broaden your horizons”) und Wave („This is life“). Und dennoch: auch wenn man sich wie in einer falschen Zeitmaschine fühlt, so hat dieses Album durchaus seine faszinierenden Momente und eben den eigenartigen Charme jener Dekade. Trotzdem beinhalten die stilistische Vielfalt und die damit verbundenen inhaltlichen Änderungen und Brüche in Atmosphäre, Tempo und Komplexität ihre Tücken. Besonders krass: während das schwebende Instrumental „Undercurrents II“ eine fesselnde Ambientatmosphäre aufbaut, zerstört anschließend die simple Rocknummer „Everyone hears voices“ die inhaltliche Spannung wieder vollständig. Andererseits finden sich auch einige Stücke („Space and time“, „Triumph of the soul“), die problemlos auf den früheren Pendragon oder IQ Alben bzw. bei anderen Neo Prog Helden der frühen 80er ihren Platz gefunden hätten. Ebenfalls das etwas floydige, sehr dramatische „Here comes the great collapse“ setzt die Akteure gut in Szene. So fällt das Gesamturteil eher zwiespältig aus: während gerade mit dem Progmaterial eine geglückte Rückkehr in die 80er gelingt, fallen die eher geradlinigen Rocknummern ab. Zweifelsohne wurde hier aber inhaltlich alles (gewollt oder ungewollt?) um einige Jahrzehnte zurück befördert. Für die eigene Zeitreise bietet die Homepage des Künstlers die entsprechenden Beispiele.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2008