CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)

Ketil Bjørnstad / Terje Rypdal - Life in Leipzig
(53:59; ECM, 2008)

Nachdem ich in den letzten Jahren zweimal das Glück hatte, einen Auftritt der beiden Norweger zu erleben, war mir diese Neuerscheinung höchst willkommen. Es ist schon eine nicht alltägliche, eher einmalige Kombination: der von klassisch, romantischer Musik geprägte Pianist Ketil Bjørnstad, der sich, nebenbei bemerkt, auch als Dichter einen Namen machen konnte und ein von Hendrix und Pink Floyd inspirierter Gitarrist, der seine einstigen Vorbilder aber längst überflügelt und hinter sich gelassen hat. Das Duo war Terjes Idee, um eine Möglichkeit zu haben, die "Band"-Alben von Ketil Bjørnstad's The Sea auch vor Publikum präsentieren zu können. Der Set wird ergänzt durch Kompositionen von Rypdals Soloalben, so gehen die Credits etwa hälftig. Musik von traumhafter Schönheit und großer Kraft. Sollte man auf alle Fälle mal gehört haben, und danach sehen wollen, wie solche Kunst entsteht. Nicht nur im Prog, auch im Jazz kommt wieder einmal Erstaunliches aus Skandinavien. Warum das so ist, erklärte Roine Stolt vor einigen Jahren im Interview. Nein, in der BRD brauchen wir uns auf die Entstehung einer derart kreativen Szene keine Hoffnung zu machen. Für die Massen gilt hier immer noch mit Vollgas in die Verblödung als oberste Maxime. Das ist von interessierten Kreisen so gewollt. Ich sehe, ich schweife ab, und Ihr wisst das ja auch ohne meine Erinnerung. Gibt es bei dieser CD überhaupt irgendeinen Anlass zur Kritik? Es war vielleicht keine ganz gute Idee, Liveatmosphäre vor der Zugabe im Wesentlichen auszublenden, aber vielleicht hat das Publikum auch nur so ehrfurchtsvoll gelauscht und zuvorkommend sind sie ja, die Leipziger.

Andreas Schütze



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