CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)
Van der Graaf Generator - Tri-sector
(53:50, Virgin/ EMI, 2008)
And then there were three in the "Trisector": Das Phänomen der spontanen Schrumpfung ist u.a. im Prog-Dinosaurier-Bereich ja nicht ganz unbekannt. Und hatte Van der Graaf Generator schon zum Zeitpunkt der letzten Deutschlandtournee im vergangenen Jahr erreilt. Zwar bleibt es ewig schade, dass Saxophon-Zauberer David Jackson kurzfristig und aus weiterhin nicht kommunizierten Gründen ausscherte, doch hatten VdGG ja bereits live mit Bravour bewiesen, dass ein derartiger Ausnahmemusiker zwar nicht mühelos ersetzt werden kann. Dass aber dennoch durch ein wenig Lastverteilung und Umarrangieren ein ganz neuer Zauber zu wirken beginnt. Auf denselben Effekt wartet man beim ersten VdGG-Studioalbum seit ihrer unfreiwilligen Reduktion auf die Essenz vier Minuten und 35 Sekunden lang. So lange nämlich dauert das vergleichsweise unnötige, einleitende Instrumental "Hurlyburly" (wohl auf die einleitenden Verse von Shakespeares "Macbeth" anspielend. Und dennoch eine Geduldsprüfung). But when the hurlyburly's done, things take quite a different course: Allein schon Hugh Bantons Orgel-Kalligraphien eingangs von "Interference Patterns" können glücklich machen. Das verhält sich beim von Klavier, Orgel und relativ ruhigem Gesang dominierten, textlich aber verstörenden "The Final Reel" nicht anders. Das 2007 schon live vorgestellte "Lifetime" hätte auch auf einer von Peter Hammills zahlreichen Soloplatten erschienen sein können. "Drop Dead" hingegen haut musikalisch auf die Rocksahne und offeriert inhaltlich eine zynisch-intellektuelle Fassung der zeitlosen "Boy meets Girl"-Thematik. Überhaupt Lyrics: "All That Before" beängstigt und beeindruckt mit nicht weniger als dem Protokoll eines Menschen, der bemerkt, wie er zunehmend (etwa durch eine Krankheit wie Alzheimer?) die Kontrolle verliert. Hardcore-Proggies erfahren einen späten Höhepunkt mit dem epischen "Over The Hill", dem es im Verlauf seiner 12:30 nicht nur gelingt, wie ein ganz altehrwürdiges VdGG-Stück zu klingen, sondern auch von meditativem Tonus bis zum Weltuntergang zu führen. Das dramatisch-bewegte "(We Are) Not Here" beendet eine CD, über die man vermutlich auch in zehn Jahren noch sprechen wird. Und die abermals belegt: Guy Evans Drumming war, ist und bleibt schlicht anbetungswürdig. Hugh Bantons überlegenes Keyboardspiel fand selten mehr Raum als auf "Trisector". Peter Hammill kann immer noch nicht Gitarre spielen, aber sein beschwörender bis delirierender Gesang und seine Texte sind weiterhin einzigartig.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2008