CD Kritik Progressive Newsletter Nr.61 (01/2008)

SBB - The rock
(61:33, Metal Mind Productions, 2007)

Darf man von einer Legende noch wirkliche Überraschungen erwarten? Man merkt SBB an, dass sie niemandem mehr etwas beweisen müssen, weswegen sie inzwischen einfach ihre Alben wesentlich zurückgenommener als noch in den 70ern einspielen, dennoch immer noch mit deutlichem Retroeinschlag auf die musikalische Reise gehen. Die Zeiten der großen Progressive / Jazz Rock Epen sind zwar leider vorbei, dennoch haben sie ein Großteil des aktuellen Albums "The rock" auf eine Länge von 7 Minuten eingependelt. Ging es beim Vorgängeralbum "New century" bisweilen zurück zu den Blues Rock Wurzeln, hat "The rock" (Nomen est Omen) einen deutlichen jammigen 70s Rock / Hard Rock Einschlag, verleugnet aber ebenfalls nicht einen leichten Hang zur sinfonisch angehauchten Vergangenheit, sowie zum Fusion. Trotz des englischsprachigen Albumtitels ist übrigens die Gesangsaufteilung fast zur Hälfte in Polnisch und Englisch. Insgesamt wirkt "The rock" unspektakulär und eher mit der weisen Ruhe des Alters ausgestattet. Auch der neue Schlagzeuger, der Ungar Gabor Nemeth, bevorzugt eher eine relaxte Spielweise, so dass das polnisch-ungarische Trio meist einfach entspannt drauflos musiziert und immer wieder auch einige angenehm antike Keyboardsounds (u.a. Hammond, Moog) einstreut. Doch trotz der lässigen Spielweise wirken einige Momente auch recht spontan und dadurch sehr frisch, hat man hier nicht den Eindruck, dass alles bis ins letzte Detail durcharrangiert wurde. Gerade im Instrumental "In heaven and hell", dem mystischen "Pielgrzym", sowie im expressiven Schlusspart von "My paradise" beweisen SBB, dass sie noch immer spannende Musik einspielen können und vor allem Gitarrist Apostolis Anthimos sehr viel Gefühl und Variationsreichtum in sein Spiel legen kann. Ab und zu hätte jedoch noch etwas mehr "Tritt in den Hintern" dieser Art dem Album sicherlich gut getan, denn gerade zur Albummitte hin wirkt die zum Großteil recht ruhige Spielweise leicht ermüdend, um nicht zu sagen einschläfernd. "The rock" ist eine eher unaufgeregte, in den Instrumentals bisweilen gute, aber auf ihre Art vor allem angenehme, jedoch insgesamt eher durchschnittliche Scheibe von drei reifen älteren Herren, die es eben heutzutage etwas ruhiger angehen lassen. Würden SBB sich ausschließlich am Material der oben erwähnten Titel orientieren, wäre sicherlich noch mehr drinnen, so hat man sich musikalisch schon mal aufs Altenteil verabschiedet.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2008