CD Kritik Progressive Newsletter Nr.61 (01/2008)

Karda Estra - The last of the libertine
(41:39, Cyclops, 2007)

Ganz absichtlich habe ich bei der Stilbeschreibung nicht das Wort Chamber Rock gewählt, assoziiert dieser doch eher das musikalische Umfeld von nicht gerade leicht verdaulichen, aber durchaus faszinierenden Bands wie Univers Zero oder Present. Dennoch ist der instrumentale Grundansatz bei Karda Estra ähnlich. Denn mit zum Teil klassischer Instrumentierung (Violine, Oboe, Trompete, Flöte) und orchestralen Arrangements wird sich auf zeitgenössischer Ebene zwischen anspruchsvoller Rockmusik und kammermusikalischen Einflüssen bewegt. "The last of the libertine", das mittlerweile siebte Album des britischen Multi-Instrumentalisten Richard Wileman, der sich wiederum von diversen Gastmusikern unterstützen ließ, ist auf den ersten Blick ein für dieses Bandprojekt typisches Album, bei genauerer Betrachtung finden sich jedoch auch neue Nuancen. Wie gewohnt bekommt man wieder ätherischen, textlosen Gesang zu hören, sind die subtilen Arrangements durchflochten von wunderbaren Melodien. Dennoch bewahren die Arrangements Würde, Anspruch und inhaltliche Tiefe. Wileman ist sicherlich kein Freund der ganz schrägen Töne bzw. von ausladendem Bombast, dafür gelingt ihm nach der Devise "weniger ist mehr" eine atmosphärische Dichte, sorgen zudem dunkle Momente für eine fast cineastische Note. Einmal mehr läuft vor dem geistigen Auge beim Anhören dieses Albums ein ganz eigener Film ab, der sich irgendwo zwischen Traurigkeit und melancholischer Hoffnung bewegt, erinnern zudem einige Augenblicke an die Frühwerke von Mike Oldfield. Wer sich für reine, eher zurückgenommene Instrumentalmusik begeistern kann und gerne zwischen orchestralen Momenten und kammermusikalischer, progressiver Rockmusik wandelt, für den ist dieses Karda Estra Album sicherlich ein guter Einstieg.

Kristian Selm



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