CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)
ProgressiveXperience - X
(56:13, Sweet Poison Records, 2007)
Progressive Xperience sind die italienischen Dream Theater. Was, die gibt es bereits? Egal, dann sind sie eben die nächsten italienische Dream Theater. Höre ich da ein: 'Bitte hinten anstellen?' Die Inspiration ist überdeutlich, doch damit das nicht so auffällt (...), geben Giovanni Valente (voc), Claudio Bianchi (key), Francesco Munaò (g), Marco Giovannetti (g), Lorenzo Fini (b) und Paolo Lastrucci Emicant (dr), Erst- und Letztgenannter sind die Texter der Songs, weitere Vorbilder an: Genesis, Rush, King Crimson, Pink Floyd, Steve Vai, Queen, Toto und klassische Musik. Und gewiss, gaaanz wie DT klingen PX nicht. Ihr Stil ist etwas holziger, knüppeliger, weniger geschmeidig. Sangesmann Valente gibt sich alle Mühe, nicht nur in den hohen Tönen dem DT-Vokalisten LaBrie nachzueifern. Gesangslinien, Stimmführung, Gesangsdynamik, Atmung und Tonnachhall - alles unter DT-Kopfhörern gelernt. Jedenfalls drängt sich dieser Verdacht auf. Die Kompositionen sind natürlich nicht 1:1 geklaut. Die machen an sich schon Eindruck und werden dem geneigten Profifan schunkelige Momente verschaffen. Vertrackte Instrumentalattitüden und abgedrehte, hochkomplexe Songarchitektur überwältigen auch die Skeptiker. Handwerklich und technisch hat die Band aus Bella Italia es absolut drauf. Zudem stecken die 9 Songs nach dem 60-sekündigen Intro voll herausfordernder, überwältigend komplizierter und feuchte Augen (und Höschen) machender Attacken, es scheint, die Band käme kaum zur Ruhe, so rasen die ultraschweren, technischen und von uns Profifans so innig geliebten Vielschichtkomplexsekunden aus den Boxen. Selbst die instrumentalen Ausarbeitungen der Vokalparts sind kaum geglättet und nehmen ganz gefangen. Ja, wenn da nicht der Gesang wäre... Allerdings gibt es keinen Hit. Wer solcherlei erwartet, muss die alten Dream Theater LPs auspacken. Die Ballade auf der CD, das 6-minütige, Macho-betitelte "Short essay of the universe" ist ein knietiefer Spaziergang in sonnenweicher Butter. Bloß nicht umfallen! Sonne: radikale Komplexität, Schatten: DT-Nähe und geradezu süffisante Balladensüßlichkeit. Dazwischen das private Ohr mit allen seinen wichtigen Teilen samt Kabelanschluss ans Gehirn. Und das hat längst entschieden. Traut ihr der Entscheidung? Bleibt nur das Würfeln. Als Unterstützung pro Kaufen gibt es einen 6-minütigen Instrumentaltrack. Reicht das als Ausgleich für den Singsang? Auch Clint Eastwood weiß die Antwort nicht...
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2007