CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)
Phideaux - Doomsday afternoon
(66:59, Bloodfish, 2007)
Mit erstaunlich hoher Frequenz ballern Phideaux Xavier und seine Band dem interessiertem (Prog-)Fan ein exquisites Album nach dem anderen um die Ohren. Er pendelt dabei zwischen Singer-Songwriter-Rock mit deutlichen 70er- und 80er-Referenzen (ein BBS-Kollege prägte den Begriff "gefühlter Prog" für diesen fast nur noch auf eine Seelenverwandtschaft reduzierten Prog light) und, deutlich seltener, dem ausgeprägt klassisch-epischem Progressive Rock. Letzteres tat er dann vor allem auf seinem 2005er Album "Chupacabras" und ansonsten eher nicht So gesehen ist das neue Album "Doomsday afternoon" das genaue Gegenteil vom Vorgänger "The great leap", das vielleicht ähnlich ausgefeilt und verspielt war, aber definitiv songorientierter. Auf "Doomsday afternoon" schwelgt Phideaux (endlich) wieder in epischen Sphären. Das Album ist (quasi) ein einziges Suite-haftes Werk mit zusammenhängenden Tracks in zwei Akten, die dramaturgisch aufeinander aufbauen. So breit angelegt hat Phideaux noch nie ein Album eingespielt: Die ausladenden Orchester-Arrangements von Paul Rudolph, eingespielt von einem 15-köpfigen Ensemble, sind hier das i-Tüpfelchen in einer vielschichtigen Produktion. Dazu kommen noch eine Vielzahl von Instrumenten (Flöte, Violine, etc.) und vielstimmige, gut arrangierte Vocalparts. Zum ersten Mal in der Karriere der transkontinental agierenden Truppe operierte man auch mit auswärtigen Gastmusikern: Martin Orford (IQ), Arjen Lucassen (Ayreon), Matthew Parmenter (Discipline) und andere unterstützen Phideaux bei ihrem ambitioniertesten Album, das mit "An eco terror tale" untertitelt ist. Dass das Album nicht zur überambitionierten, schwülstigen, verkitschten und weltfremden Öko-Oper verkommt, ist dem Songschreiber-Talent von Frontmann Phideaux Xavier zuzuschreiben, der ein glaubwürdiges, dramatisch stimmiges Konzeptalbum geschrieben hat und der überzeugenden Produktion von Gabriel Moffat, die bei allem Bombast unkitischig bleibt. Besonders hervorzuheben ist die wundervolle Gesangsarbeit der Co-Lead-Sängerin Valerie Gracious, die mit ihrer schönen Stimme dem Album eine besonders poetische Note verleiht. Überhaupt habe ich zum ersten Mal den Eindruck, dass hier nicht Phideaux Xavier ein Soloalbum mit seinen Kumpels Rich Huchins und Gabriel Moffat zusammen mit ein paar Mädels und Gastmusikern fabriziert hat, sondern dass "Doomsday afternoon" ein echtes Bandalbum geworden ist. Fazit: Altmodischer Prog, neu erfunden und unverkrampft dargeboten vom Chamäleon Phideaux Xavier und seiner Truppe. Wer die großen Konzeptalben der 1970er Jahre liebt, darf sich "Doomsday afternoon" auf keinen Fall entgehen lassen.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 2007