CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)

Oceansize - Frames
(65:53, Superball Music, 2007)

Nicht jede Band erlaubt einem eine vorurteilsfreie Herangehensweise. So hinterließen Oceansize als Support von Porcpucine Tree bei deren letztem Gig in Stuttgart im Jahre 2005 bei mir einen eher gespaltenen Eindruck und dies, obwohl deren damals aktuelles Werk "Everyone into position" durchaus jede Menge sehr gute Kritiken erhielt. Doch präsentierte sich die Band an jenem Abend einfach zu gleichförmig und recht unspannend, kamen die Dynamikwechsel auch wenig überraschend, wie auch der grottige Sound einiges im Keim ersticken ließ. Doch neues Album, neue Chance. Mit ihrem dritten Studiowerk "Frames" beginnen Oceansize so, wie man sich das von einer Band vorstellt, die das Feld zwischen Alternative, Post und Progressive Rock beackert und deren Bandname unendliche Weiten und unbekannte Tiefen assoziiert. Langsam wird die Stimmung durch Gitarrenakkorde aufgebaut, es bratzeln irgendwann die Saiten weitaus heftiger, dynamischer und die melancholische Intensität wird fortwährend zu einem "Wall of Sound" mit hohem Melodiefaktor gesteigert. Der über 8-minütige Opener "Commemorative T-Shirt" macht schon mal Hunger auf mehr und zeichnet ebenfalls das Strickmuster vor, nach dem auch der Rest des Albums weitgehend funktioniert. Damit ist es Zeit, Abbitte für die negative Einleitung zu leisten: denn im Studio und mit einem ausgewogenen Sound klingen Oceansize um einiges spannender und fesselnder, als dies das eigene Konzerterlebnis vermuten ließ. Von den acht Titel auf "Frames" ist der kürzeste gerade mal 6 ½ Minuten lang, womit klar sein dürfte, dass sich die Band jede Menge Zeit für die Songausgestaltung und den dynamischen Aufbau nimmt. Hier wird nicht mit der Brechstange und komplexen Breaks musiziert, mit jeder Menge Gefühl für Zeit und Raum lassen Oceansize ihrer Musik die nötige Zeit zum Entwickeln, zum Davonschweben. Es geht augenscheinlich mehr um den Fluss der Ideen, um deren kontinuierliche Ausgestaltung. Doch gerade rhythmisch passiert hier einiges, auch die Gitarren erzeugen einiges an Intensität, was jedoch bei der Konzentration auf die fein ausgestalteten Melodielinien im ersten Augenblick gar nicht auffällt. Wenn beim vierten Stück "Savant" auch noch Geigen erklingen, dann fühlt man sich an eine energetische Version von Sigur Rós erinnert. Zwar wiederholen sich bei einer Album-Laufzeit von 65 Minuten gewisse Elemente in der Musik von Oceansize, da einige Songs zudem ineinander übergehen, doch sind die Wiederholungen nicht so stark ausgeprägt, dass Langeweile aufkommt. Doch lebt hier viel von den feinen Nuancen, von den melancholischen Untertönen und Details, was wiederum die gewisse Eintönigkeit beim Konzert, bei einem wenig differenzierten Sound, erklärt. Zudem verstehen es Oceansize, trotz ihres klanglich recht aktuellen Ansatzes, immer wieder klangliche und atmosphärische Elemente aus den 70ern einfließen zu lassen, was diesem Album einen relativ zeitlosen Anstrich verleiht und den positiven Eindruck nur noch mehr untermauert. "Frames" ist übrigens die erste Veröffentlichung auf dem neu gegründeten Label Superball Music, welches über SPV vertrieben wird. Weiterhin ist das Album ebenfalls als limitierte Version mit Bonustrack und aufwändigem Digi-Pack erhältlich.

Kristian Selm



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