CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)
The Flower Kings - The sum of no evil
(74:56, InsideOut, 2007)
Seitdem die Flower Kings auf "Unfold the future" den interessanten, den Sound der Schweden wesentlich erweiterten Jazz-Rock Zutaten abgeschworen haben - da diese Ergänzung leider nicht bei allen Fans auf Begeisterung stieß - gab es auf den letzten Alben vor allem die sinfonische Progressive Rock Vollbedienung in bester Retro-Tradition. Das hatte selbstverständlich die von den Flower Kings gewohnte Qualität, doch mitunter entstand ebenfalls der Eindruck, dass die Band irgendwie mit leicht angezogener Handbremse agierte, dass der Ideenreichtum nicht mehr ganz so sorglos und unvermindert vor allem aus der Feder von Roine Stolt sprudelte. "The sum of no evil" setzt zwar stilistisch ebenfalls sein Hauptaugenmerk ganz deutlich auf die reine Retroschiene, doch in mehrerlei Hinsicht wirkt dieses Album frischer, fast wie ein kleiner Neubeginn der Flower Kings. Zum einen gibt es dieses Mal "nur" eine Einzel CD, die vor allem auf Longsongs setzt (ganze sechs Titel tummeln sich auf dem Album). Zum anderen lässt sich kein wirkliches Füllermaterial ausmachen. Das Album wirkt in sich geschlossen, konzentrierter, aber bisweilen auch verspielter, losgelöster. Ob dies ebenfalls mit Rückkehrer Zoltan Czörsz am Schlagzeug zusammenhängt, der einen wesentlich variantenreicheren Stil bevorzugt oder ob es daran liegt, dass die meist analogen Keyboardsounds wesentlich vielschichtiger und dominanter erklingen, bleibt reine Spekulation. Es ist wahrscheinlich die Summe dieser vielen kleinen Einflüsse, die in ihrer Gesamtheit für eine positive Gesamtwirkung sorgen. Auch der Bandleader liegt mit seiner eigenen Sichtweise, im Gegensatz zu manchen Äußerungen der Vergangenheit, gar nicht so falsch: "Wahrscheinlich ist "The sum of no evil" ein Album, das Zeit zum Wachsen benötigt. Es ist, wie Prog sein sollte: einige coole Hooks, die hängen bleiben, dennoch keine Popsongs und kein Jazzgedudel, es sei denn man bezeichnet King Crimson oder Frank Zappa als Jazz. Keine Ambient Experimente, einfach nur purer Sinfonic Prog". Zwar setzt man somit vor allem auf Bombast und ausschweifende Melodiebögen in Reinkultur, doch steckt in den Kompositionen eben doch mehr Dramatik und Dynamik, aber auch schräge, expressive Momente, bisweilen sogar zappaeske Einflüsse, als von den Vorgängern gewohnt. Ebenso tritt Saxophonist Ulf Wallander bei seinen Gastauftritten wesentlich mehr in den Vordergrund. Natürlich findet hier keine komplette Neudefinition der Band statt, doch auch wenn dieses Album eben typisch nach den Flower Kings klingt, so begeistern eben die scheinbar lockere Spielweise, sowie die unterschwellig verschachtelten Rhythmen und die wohl dosierten Instrumentalteile. Ein äußerst überzeugendes Album der leicht runderneuerten Flower Kings.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007