CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)
Ferris Mudd - Ferris Mudd
(50:31, Privatpressung, 2006)
Die unendlichen, nur schwer durchdringbaren Weiten des World Wide Web laden ja gerade dazu ein, durchforstet und entdeckt zu werden. Als Jäger und Sammler des Progressive Rocks immer auf der Suche nach neuen Sternen und Kometen, fiel dieses Mal der Fokus auf die amerikanische Formation Ferris Mudd. Mal schnell ein paar Höreindrucke auf ihrer myspace.com Seite gewonnen, die Band kurz angemailt und schon liegt eine weitere Scheibe zum Besprechen und genaueren Anhören vor. Hat sich das Durchforsten gelohnt bzw. kann sich der erste durchaus positive Höreindruck auch auf das komplette Album retten? Zuerst lautet die Antwort: Jein. Denn während es auf der myspace Website die wirklichen Highlights zu hören gibt, braucht das Debüt der Band aus Alabama doch einige Durchläufe bzw. etwas Laufzeit, um die Vorschußlorbeeren doch noch einzulösen. Zu unspektakulär, zu schnarchig startet die Scheibe, bis sich die etwaige Vergleiche zur Stimmung von Porcupine Tree bzw. gewisse floydige Anleihen einschleichen. Doch wähnt man sich zu Beginn noch auf einer x-beliebigen, düster-traurigen Alternative Rock Scheibe, so macht es ab Song 3 auf einmal Klick, und es scheint, als ob auf einmal ein virtueller Schalter bei der Band umgelegt wurde. Der eher unauffällige Gesang von Steve Richard gewinnt zwar nicht an Fahrt, doch drängt er sich etwas mehr in den Hintergrund und vor allem im instrumentalen Bereich gelingt es dem Trio, Rockmusik mit sehr viel Atmosphäre entstehen zu lassen. Nicht Komplexität oder überschäumende Dynamik bestimmen daraufhin den Rest des Albums, vielmehr gibt sich die Band relaxt, elegisch verspielt, aber auch inhaltlich gefestigt, hin und wieder vielleicht auch etwas zu unspektakulär. Doch gerade in dieser Gratwanderung zwischen zurückgenommener, introvertierter Spielweise und leichten emotionalen Ausbrüchen, entfaltet sich die Stärke von Ferris Mudd. Je nach eigener Wahrnehmung wird man das Dargebotene als einfach zu langweilig oder als eben genau passend bzw. stimmungsvoll empfinden. Das namenlose Debüt von Ferris Mudd ist also in erster Linie ein Album, auf das man sich einlassen muss, in dessen watteweicher Melodik und Atmosphäre man sich fallen lassen kann, während man selbst von der gleichen Gefühlslage bestimmt wird. Genau dann offenbart sich ein emotional passendes Album für genau jene Augenblicke des Lebens.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007