CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)
Circa: - Circa:
(55:13, Privatpressung, 2007)
Mit diesem "ungenauen" Gruppennamen präsentiert sich mal wieder einer dieser unzähligen Yes-Ableger, den man allerdings in diesem Fall genauer beachten sollte. Billy Sherwood hat sich diesmal mit einem alten Kumpel aus den siebziger/achtziger Jahren verbündet, mit dem Gitarristen Jimmy Haun, und hat als geniale Ergänzung zu diesem Bandprojekt zwei Yes-Originale mit Tony Kaye und Alan White überreden können. Für mich stand Billy Sherwood bisher für glattpompöse und überproduzierte Klänge, weshalb ich mit den meisten Yes-Outputs mit seiner Beteiligung und mit sonstigen musikalischen Aktivitäten und Produktionen wie z.B. den Tribute Scheiben von "Back against the wall" und "Return to the Dark Side Of The Moon" nicht so viel anfangen konnte. Mit dieser neuen Veröffentlichung, die erst einmal im Eigenvertrieb über die Bandhomepage verkauft wird, ist ihm allerdings ein Wurf gelungen, der geschickt den Sound der "90125-Yes-CD" mit Yes Tönen aus den siebziger Jahren und einigen modernen Klangbildern des 21. Jahrhunderts verbindet. Ansprechend finde ich auch das abwechslungsreiche Gitarrenspiel des mir bisher wenig geläufigen Gitarristen Jimmy Haun, der mit Billy Sherwood in Las Vegas aufgewachsen ist. Immerhin hatte Mr. Haun in den siebziger Jahren mit Billys 5 Jahre älteren Bruder Michael in der Band Lodgic viele Yessongs nachgespielt. Jimmy Haun ist auch ursächlich durch das Gitarrenspiel von Steve Howe inspiriert worden, dessen Griffe er als erstes lernte. Zu dieser Zeit trommelte klein Billy noch wild und nervend auf einem Schlagzeug herum, bis er aufs Bassspielen umsattelte und dann in der Band von seinem Bruder und Jimmy mitspielen durfte. Allerdings habe ich bis auf ein paar Gitarrenparts auf einigen CDs mit Billy Sherwood und den nachträglich überspielten Gitarrenklängen Steve Howes auf der "Union" -Produktion von Yes nichts Bemerkenswertes von Jimmy Haun vernommen. Umso mehr lohnt es, sich den musikalischen Fertigkeiten dieses Künstlers auf diesem Silberling zu widmen, da er raffiniert eine Symbiose der Fähigkeiten Steve Howes und Trevor Rabins zelebriert. Billy Sherwood spielt bei Circa: einen Rickenbacker-Bass in allerfeinster Chris Squire -Manier und singt in angenehmen Stil wie ein AOR-Sänger. Vor allem weiß aber der mehrstimmige Gesang der Herren Sherwood / Haun / White zu überzeugen, der an die besseren Yes-Zeiten erinnert. Natürlich tragen Tony Kaye und Alan White zum wesentlichen Soundgerüst der Circa-Musik bei, wobei die beiden Yes-Originale ihre guten Qualitäten immer mal wieder zeigen dürfen. Zwei der neun Kompositionen wurden auch von Trevor Rabin mitgeschrieben, so dass die Verbindung zum Yes-Sound der achtziger Jahre verdeutlicht wird. Diese Scheibe begeistert mich nach mehr als zehn Hördurchläufen immer noch, so dass bei mir die Vermutung immer mehr bestärkt wird, dass es sich um die beste "Yes Veröffentlichung" (bis auf einige Live-Scheiben und die "Keys to ascension" CDs) der letzten 24 Jahre handelt. Vielleicht gibt dieser musikalische Output den Herren Anderson / Howe / Squire und Wakeman ja den Anreiz, auch mal wieder etwas Niveauvolles zu komponieren und nicht mehr nur noch ihr Erbe abzuschöpfen und zu verwalten.
Wolfram Ehrhardt
© Progressive Newsletter 2007