CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)

Cast - Com.union
(70:14, Musea, 2007)

Galt bei Cast in den 90ern vor allem mehr Masse als Klasse, so haben die Mexikaner inzwischen nicht nur eine vertretbare Zeitspanne zwischen ihren Albumveröffentlichungen gefunden (seit 2002 erschienen zusammen mit dem aktuellen Werk immerhin "nur" vier neue Studioalben), sondern auch musikalisch agiert die lateinamerikanische Band mittlerweile auf einem beachtlichen Niveau. Die Blutauffrischung vor einigen Jahren, sowie eine gewisse musikalischen Neuorientierung hat der Band hörbar gut getan. So gehören seit einigen Jahren nicht nur diverse Blasinstrumente (Saxophon, Klarinette) zum festen Bestandteil des Line-Ups, diese instrumentale Neuerung schlägt sich seitdem ebenfalls in einer stilistischen Öffnung hin zu jazz-rockigen Ausflügen nieder. Dass man für den (wenigen) Gesang meist auf eine emotionale Interpretation in Spanisch, sprich der Muttersprache des Heimatlandes, denn auf hölzern klingendes Englisch zurückgreift, sorgt zudem für die nötige Authentizität. Auch der Wechsel zwischen männlichen und weiblichen, Gesangsstimmen sorgt für angenehme Abwechslung. Gleich mit dem wuseligen, sehr flotten "Orogus" outet sich "Com.union" als typisches Cast-Album, denn trotz aller Kurskorrekturen der letzten Jahren bestimmen immer noch die schwungvollen Keyboardläufe von Bandleader Alfonso Vidales den leicht identifizierbaren Sound der Nordmexikaner. Doch neben Bombast und Tempo sorgen vor allem mehr Biss bei der Gitarre und die bereits vorhin angesprochenen Blasinstrumente nicht nur für eine klangliche Aufwertung, sondern auch für mehr Power und für solistische Finessen. Eine ebenfalls augenscheinlich düstere Note in den Kompositionen, die eben nicht, wie in der Vergangenheit oft üblich, nur von sinfonischem Wohlklang bestimmt werden, bringt weiterhin wesentlich mehr Dramatik ein. Hat man anfänglich noch etwas die Befürchtung, dass einen Tempo und Wucht erschlagen könnten, entdecken Cast glücklicherweise zwischendurch ihre ruhige Ader. Dennoch gibt die Band relativ viel Vollgas, könnte hin und wieder etwas weniger Dampf und Power für mehr Ruhepole in den Arrangements sorgen. Diese Forderung wird vor allem im zweiten Teil des Albums eingelöst, wie auch zwischendurch das Saxophon die solistische Führungsrolle fast komplett übernimmt. Doch vor allem mit ansprechender Rhythmik, sowie vermehrten sinfonischen Einflüssen, mehr Betonung auf Keyboards und Gitarre, findet die Band wieder ihr inneres Gleichgewicht. Somit reiht sich "Com.union" nahtlos in die Reihe der ansprechenden Veröffentlichungen von Cast der letzten Jahre ein. Wer die Band seit dem 2003er Werk "Al-bandaluz" für sich entdeckt hat, liegt auch mit dem aktuellen Werk absolut auf der richtigen Wellenlinie.

Kristian Selm



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