CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)
Yoke Shire - The witching hour
(42:23 + 39:43, Zygo Records, 2007)
Auch wenn sich hinter Yoke Shire gerade mal zwei Personen verbergen, nämlich die Brüder Craig und Brian Herlihy, so benötigen die beiden dennoch einiges an Zeit, um mit neuem Material an die Öffentlichkeit zu treten. Ihr Debüt "Masque of shadows" (Kritik in PNL Nr.26) erschien bereits 1999, dazwischen legten sie mit "A seer in the midst" (PNL Nr.46) lediglich ein Sammelsurium aus Liveversionen, Remixes und unveröffentlichtem Material vor. "The witching hour" (immerhin gleich ein Doppelalbum, was aber auch auf mit einigen Sekunden weniger Laufzeit auf eine CD gepasst hätte) benötigte in der Entstehung eben seine Zeit, wobei sich das Endresultat der beiden Multi-Instrumentalisten, sowohl soundtechnisch, wie ebenso vom musikalischen Gehalt durchaus hören lassen kann. Nie hat man hier den Eindruck, nur einem Duo zu lauschen - Studiotechnik und vielfältige instrumentale Begabung macht's eben möglich. Ergänzend sorgt der sachte Einsatz von Flöte und Saxophon, wie weiterhin die nuancenreiche instrumentale Erweiterung mit Mandoline, Theremin und Marimba für vielschichtige Höreindrucke. Fußend auf einem leicht bluesigen Rockfundament, verharren Yoke Shire nicht nur in den bekannten 08/15 Schemata, sondern atmosphärischer Progressive Rock und Folk Rock (mit leichtem Jethro Tull Einschlag) lugen immer wieder um die Ecke. Und da man sich sehr offen gibt, darf es ruhig mal ein paar Takte mit Reggae-Anleihen sein, während die zweite CD mit einigen spacigen bzw. leicht psychedelischen Momenten aufwartet. Dennoch entsteht kein willkürlicher Stilmix, sondern bodenständige Rockattitüde erdet die Musik immer wieder auf ein richtiges Maß. Die beiden Amerikaner setzen in erster Linie auf eine relaxte Atmosphäre, nichts wirkt hier hektisch oder komplex verschroben, sondern man lässt sich mehr vom Groove treiben. Gerade die erste CD geht als niveauvolle und detaillierte Rockscheibe gut ins Ohr. Einziges Manko ist dabei der etwas unspektakuläre Gesamteindruck. Zwar steckt viel in den Arrangements, aber es fehlt so etwas wie ein richtiger Hammersong bzw. der richtig mitreißende Einfall. Dass mehr geht, das bekommt man auf der zweiten CD zu hören, da hier wesentlich mehr mit progressiven Einfällen, jeder Menge mystischer Atmosphäre, ausgedehnten Instrumentalpassagen und inneren Wechseln gearbeitet wird, vor allem das sechzehnminütige "Dream tea" offenbart mehr Power und Variationsreichtum. "The witching hour" ist eindeutig von den 70ern inspiriert, ohne dabei nur als ein weiteres Retroalbum abgehakt werden zu können. Somit lautet das positive Gesamtresultat: solide, ordentlich und gut für die erste CD, gut abgehangener, instrumental ausschweifender 70s Rock / Prog auf der zweiten CD. Macht Laune!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007