CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)

La Torre dell'Alchimista - Neo
(50:06, Ma.Ra.Cash.Records, 2007)

Schon lustig, was da manchmal im Briefkasten landet. Diesmal ein Päckchen aus Italien, das ein von der Plattenfirma verschicktes Promo-Exemplar zwecks Rezension im Progressive Newsletter enthält. So weit, so unspektakulär. Meist sind dies, wie auch hier, Promos im Pappschuber. Geschenkt. Aber dass ich von einer Prog-Band eine Version einer Radio-Single (!) bekomme, das war dann schon Neuland für mich. Diese "Versione Radio Promo" enthält laut Cover 2 Titel, die nicht einmal die 4-Minutenmarke schaffen. Aber halt - die Titel wurden mit Filzstift durchgestrichen, stattdessen gab es den Vermerk: "complete album!". Und tatsächlich, es war ein Rohling mit der Aufnahme des kompletten Albums enthalten. Nun ja, allzu viel Hintergrundinfo kann ich somit logischerweise nicht liefern. Aber eines ist deutlich: es handelt sich hierbei um blitzsauberen, hochkarätigen italienischen Keyboard-Prog alter Schule. Was die Italiener hier abliefern, ist wirklich hörenswert. Auf ihrem zweiten Studioalbum agieren sie als Quartett, nämlich mit der aus den Brüdern Michelangelo und Davide Donadoni bestehenden Rhythmusfraktion, Sänger Michele Giardino und Tastenzauberer Michele Mutti. Kopf ist ganz offensichtlich Mutti, der hier einen wahren Tasten-Bombast abliefert. Ob klassische Piano-Soloeinlagen, kräftige Hammondorgel, flinke Synthiläufe oder stimmige Mellotronparts - Mutti ist einfach allgegenwärtig. Aber er schafft dies auf eine Weise, die trotz der Omnipräsenz einen nicht völlig erschlägt. Und erst recht auch nicht langweilt, denn er weiß die Arrangements geschickt zu variieren. Bisweilen erinnert er mich an den verstorbenen Rick van der Linden (Trace), auf Song Nummer 3 (wie immer der auch heißen mag) erinnern mich das Elektro-Piano und die leicht sperrige Art an das ausgezeichnete Album "Minorisa" der spanischen Band Fusioon. Auch Sänger Giardino weiß zu überzeugen - zwar bisweilen mit dem typisch-italienischen Pathos, aber nicht überzogen pathetisch. Einige Gäste müssen offenbar auch mit von der Partie sein, auch wenn hiervon nichts auf dem Single-Booklet steht. Denn Geige, Flöte und Gitarre sind hier auch vertreten. "Neo" ist eindeutig eine positive Überraschung. Und ebenso eindeutig kein NEO-Prog! Für Symphonik-Fans auf jeden Fall empfehlenswert!

Jürgen Meurer



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