CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)

Andy Tillison Diskdrive - Fog
(57:05, ProgJamRecordings, 2007)

Nun gibt es also das erste Solowerk des ehemaligen Parallel Or 90 Degrees Kopfes und heutigen Masterminds des progressivrockenden britisch-schwedischen Aushängeschilds The Tangent. Andy Tillison vermarktet diese Scheibe ohne Label über die Homepage von The Tangent. Aber ich vermute mal sehr stark, dass die guten deutschen Mailorder wie Empire oder Just For Kicks dieses hörenswerte Werk auch bald verkaufen werden. Beim Lauschen der ersten Klangsequenzen und Studieren des übersichtlichen Booklets fielen mir besonders die Danksagungen an Edgar Froese, Christian Franke, Peter Baumann und Klaus Schulze auf. Diese Herren stehen für die wesentlichen Inspirationen von "Fog". Somit wird direkt deutlich, dass Meister Tillison hier mehr elektronisch-ambiente und sphärische Musik bietet, die sich von seinen sonstigen Veröffentlichungen abgrenzt. Außerdem hat er alle Instrumente selber bedient, und so höre ich neben vielseitigen Keyboardtönen auch Schlagzeug- und elektronische Bass- und Gitarrenklänge. Erfreulich wird wohl auch für den einen oder anderen sein, dass hier kein Gesang zu hören ist. "Fog" besteht aus insgesamt nur drei Kompositionen, wobei das Eröffnungsstück "Nebel" vier Untertitel aufweist, die auch als eigene Songs erkennbar sind. Diese gut 19 Minuten lange musikalische Schöpfung zeigt eine wunderbare Mischung aus der Musik der vorgenannten deutschen Inspiratoren und der Klanggüte der Kompositionen von The Tangent. Die sphärischen Töne in der sechsminütigen Eröffnung, fundamentiert mit akustischen Basstönen und bereichernden Pianoläufen, bereiten mir sofort richtig Spaß und steigern sich dann bis zum Ende des ersten Viertels in pompösere Melodien, die von Gitarren- und Schlagzeugsound ergänzt werden. Anschließend sind dann Klanggebäude im Sinne der "alten Berliner Schule" prägend, wobei Andy Tillison bei mir im Laufe der Hörreise auch schon mal Assoziationen zu den alten Pink Floyd ("Echoes"-Ära) oder Keith Emerson weckt. Zwischendurch wird auch in bester Tangent-Manier losgeproggt. Schließlich sind auch noch klassische Sequenzen im letzten Viertel von "Nebel" ein Wesensmerkmal, so dass ich insgesamt doch sehr beeindruckt bin. Die zweite Komposition ist das zwanzigminütige "Ersatzgebäude", welche von ambient-psychedelischen Sounds gekennzeichnet ist, die in Drum 'N' Bass Gefilde übergleiten, um auch wieder Tangent-Strukturen aufzuspüren. Schließlich wird "Ersatzgebäude" mit reichlich perkussiven Elementen beendet, so dass für mich auch hier keine Langeweile aufkommt. Das abschließende, gut 18-minütige "Abendspaziergangamrhein" fand seine Eingebung durch einen entsprechenden Spaziergang mit Pizza am Rhein, wobei Andy Tillison von der kompletten Tangent-Mannschaft und Dirk Jacob von InsideOut begleitet wurde. Hierbei handelt es sich um einen insgesamt ruhigen Song, der überwiegend durch Synthesizer Töne lebt. Dieses Lied kommt den ersten elektronischen Klangschritten der deutschen Künstler Anfang der siebziger Jahre schon sehr nahe. Auch wenn der letzte Song in seiner Qualität und Verzauberung etwas schwächelt, so ist Andy Tillison mit seinem Ausflug in die elektronische Musik doch ein ziemlich interessantes und abwechslungsreiches Album gelungen. Bitte mehr davon!

Wolfram Ehrhardt



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