CD Kritik Progressive Newsletter Nr.60 (09/2007)

Taylor's Universe - Terra Nova
(44:23, Mals, 2007)

Robin Taylors Platten sind wie ein gutes Buch. Da passiert auf den ersten 100 Seiten nicht viel. Die Handlung schleicht vor sich hin, Örtlichkeiten, die Zeit, politische und gesellschaftliche Gegebenheiten sowie die Personen und ihre Beziehungen zueinander werden dezidiert geschildert. Doch so langsam gewinnt die Handlung an Fahrt und Dynamik, und als Leser scheint man ganz in der Geschichte aufzugehen, ist mit ihr vertraut, geht in die Personen ein, kennt ihren 'Klang'. Der Titeltrack ist die Einführung in die CD. Der 'Sound' der Band, ihr Stil, ihr Charakter werden offenbart. In den knapp 6 Minuten wird deutlich, dass Taylor's Universe eine ganz eigene Variante des progressiven Jazzrock spielen, ganz deutlich gibt es einen nostalgischen Anklang, eine melancholische Nachdenklichkeit, die an die große Zeit erinnert, als dieser Art Jazzrock noch ein großes Publikum erreichte. Es ist nicht wirklich Nostalgie. Die Band spielt die Taylor-Kompositionen selbstbewusst, ist klangtechnisch im Hier und Jetzt verankert, transportiert jedoch die Idee des originalen Stils in ihren eigensinnigen, bei jedem Hören wachsenden Songs. Karsten Vogel (ss, as, ts, cl), Robin Taylor (g, p, org, synth, harm, fl, perc) und Rasmus Grosell (dr) samt den Gästen Hugh Steinmetz (tr, fh), Louise Nippei (voc) und Jytte Lindberg (voc) gehen die Songs entspannt an. Genüsslich werden die Harmonien ausgebaut, die schließlich von Dissonanzen durchzogen, in Disharmonien gebrochen, wieder aufgerichtet werden. Der Rhythmus bleibt dabei erstaunlich gelassen. Grosell arbeitet technisch versiert und differenziert, ohne wirklich komplexe Rhythmen einzubringen, lediglich die wenigen und selbst relativ zurückhaltenden Breaks frischen das rhythmische Bild auf. Was an unterstützender Bassarbeit zu hören ist, stammt vom Synthesizer beziehungsweise der Hammond Orgel und vermag nicht wirklich, die lebhafte, aber nicht überaus virtuose Rhythmustechnik zum Kochen zu bringen. Selbst in emotional aufgeregteren Stücken, wenn etwa ein schneidendes Gitarrensolo über einem aufgewühlten Orgelmotiv und dem kratzigen Tenorsaxophon für einigen Bombast und erhebliche Erregung sorgt, gerät die erwachsene Band nicht außer Rand und Band und führt den Solisten aus der Rockhärte in die geruhsame Handlung zurück. An Einfällen und Überraschungen ist das instrumentale "Terra Nova", dessen Gäste ausschließlich lautmalerisch singen, dennoch nicht arm. Man höre nur die vitalen Saxophonläufe, die diversen Gitarrensoli, das aufgewühlte Geschehen inmitten der Songs, wenn die Musiker wie in Trance arbeiten. Und mit jedem weiteren Song gerät man immer weiter und tiefer hinein in den Taylor'schen Kosmos, in die harmonischen Komplexe und dann erst bewusst werdenden rhythmischen Erregungen, die auf einem hohen Niveau die Balance halten. Wie ein Flugzeug, das über ein Gewitter hinweg fliegt und die Düsternis unter sich sowie die Sonne über sich durchschneidet. Der zweite Hördurchgang vermittelt einen viel komplexeren Eindruck, eine viel intensiver arbeitende Band. Da öffnen sich erst die anspruchsvollen und energischen Harmonien und zieht den Hörer nach und nach in den Bann. Symphonie Prog und Jazzrock versuchen bei Taylor vermehrt, sich zu einem originären Klang zu vereinen. Auf den vielen Taylor CDs, die in den letzten wenigen Jahren erschienen sind, verdichtete sich die Qualität der Kompositionen immer mehr, hier zeigt sie sich auf sehr hohem Niveau. Ist und bleibt spannend, was der Mann erdenkt und mit seiner technisch versierten Band einspielt.

Volkmar Mantei



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