CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Salle Gaveau - Alloy
(55:28, Mabo, 2007)

Sicherlich ist es unfair, sich über Übersetzungsfehler anderer lustig zu machen, aber es entbehrt nicht einer gewissen, unfreiwilligen Komik, wenn Salle Gaveau Bandgründer Natsuki Kido als "reader of a rock band Bondage Fruit" vorgestellt wird. Diesen kleinen, netten Faux Pas mal bei Seite, ist sein neues Quintett zwar nicht ganz so durchgeknallt wie die Vorgängercombo und beinhaltet auch keinerlei Ähnlichkeiten zum Zeuhl Kosmos von Magma, wenn jedoch Japaner kammermusikalische Rockmusik mit Jazz und jeder Menge Tango(!) paaren, dann kann das Endresultat eben nicht ganz so alltäglich sein. Die fast komplett akustisch angelegte Besetzung (Gitarre, Klavier, Kontrabass, Violine, Akkordeon) übt sich an einer musikalisch fordernden und instrumental äußerst feinfühligen und überaus virtuosen Umsetzung ihrer Stil-Melange. Das "fast" bei der Besetzung bezieht sich übrigens auf die Gitarre, denn mitunter finden sich einige recht schräge, elektrifizierte Griffbrettfolgen, die das Tempo erheblich verschärfen. Der Tango von Salle Gaveau ist nicht unbedingt immer leicht tanzbar, versprüht aber manches Mal geradezu ausgelassene Kaffeehausatmosphäre - abgesehen, dass solche Musik in einem Kaffeehaus sicherlich nur für saure Milch und fauligen Obstkuchen sorgen würde. Andererseits beweist es doch auch augenzwinkernden Humor, was diesem kammermusikalischen Husarenritt unheimlich gut zu Gesicht steht. Trotz einer gewissen Kopflastigkeit greifen Salle Gaveau mitunter auch einfach die urtümliche Melancholie und Traurigkeit des Tangos auf, so dass gerade die intimeren Momente in ihrer Einfachheit am meisten Eindruck hinterlassen. Tango einmal ganz anders!

Kristian Selm



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